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Räum- und Streupflicht für Mieter und Eigentümer

Bei Temperaturen um den Nullpunkt steht es wieder an – das leidige Thema Räum- und Streupflicht. Schon im Herbst können Gehwege durch nasses Laub rutschig sein. Deshalb ist es wichtig zu wissen, wann die Räum- und Streupflicht einsetzt. Sturzunfälle können zu langwierigen Personen- und Sachschäden führen. Doch wie verhält es sich mit der Räum- und Streupflicht und wer haftet im Fall der Fälle?

Was muss geräumt werden?

Alle Wege, die üblicherweise genutzt werden, müssen ohne Gefahren benutzbar sein. Neben dem Gehweg und vor dem Haus sind daher ebenso Hauseingang oder etwa der Zugang zu Mülltonnen, Keller oder Garagen zu räumen. Die Räum- und Streupflicht bezieht sich auch auf Zugänge zur Tiefgarage (OLG Karlsruhe, Az. 14 U 107/07). Die Gemeindesatzungen geben oft Auskunft darüber, wie viel Weg begehbar sein muss. Als Faustregel gilt: Ein Gehsteig sollte so geräumt sein, dass zwei Fußgänger aneinander vorbei kommen können.

Im Winter gilt zudem der Grundsatz: Streuen bei Glatteis ist wichtiger als Schneefegen (BGH, Az. III ZR 165/66).

Nimmt ein Fußgänger bei Glatteis eine Abkürzung über ein Privatgelände und stürzt, kann er kein Schmerzensgeld fordern. Für Privatflächen mit reiner Abkürzungsfunktion besteht keine Streupflicht (OLG Hamm, Az. I-6 U 178/12).

Pflichten als Hauseigentümer

Grundstückeigentümer sind in aller Regel dazu verpflichtet, Gehwege und Bürgersteige bei Schnee oder Glatteis zu räumen und zu streuen. Die Städte und Gemeinden haben die Pflicht zum Schneeräumen auf öffentlichen Gehwegen meist durch Satzung auf die Hauseigentümer übertragen. Erkundigen Sie sich daher bei Ihrer Kommune, welche Räum- und Streupflichten bestehen.

Die Verwendung von Streusalz ist in den meisten Städten mittlerweile verboten. Es muss daher auf Sand, Splitt, Sägespäne oder anderes umweltverträgliches Streugut zurückgegriffen werden. Hobelspäne, die sich mit Feuchtigkeit vollsaugen können, sind als Streumittel ungeeignet (OLG Hamm, Urteil vom 24. November 2014, Az. 6 U 92/12).

Geräumt und gestreut werden muss regelmäßig von 7 bis 20 Uhr, an Sonn- und Feiertagen darf es morgens auch mal eine Stunde später sein. Während der allgemeinen Verkehrszeiten müssen die Wege genau genommen ständig frei sein. Wenn aber wegen starken Schneefalls oder sich ständig erneuerndem Glatteis erkennbar ist, dass die Arbeit erfolglos bleibt, kann gewartet werden. Sofern zu erwarten ist, dass sich über Nacht Glatteis bildet, muss auch vorbeugend gestreut werden (OLG Frankfurt, Urteil vom 26. November 2003, Az. 21 U 38/03).

Pflichten als Mieter

Bei Mietwohnungen ist es zunächst einmal Aufgabe des Hauseigentümers, den Bürgersteig vor seinem Haus schnee- und eisfrei zu halten. Eigentümer können ihre Verkehrssicherungspflicht jedoch auf Dritte übertragen (z.B. die Mieter, den Hausmeister oder einen gewerblichen Winterdienst).

Die Mieter können nur dann herangezogen werden, wenn dies im Mietvertrag wirksam vereinbart wurde. Die Räum- und Streupflicht kann auch im Rahmen der Hausordnung auf die Mieter übertragen werden. Voraussetzung ist allerdings, dass die Hausordnung ausdrücklich Bestandteil des Mietvertrags ist. Erhält der Mieter die Hausordnung erst nach Abschluss des Mietvertrags oder hängt sogar nur ein Aushang im Hausflur, ist das eine nachträgliche Vertragserweiterung. Die muss der Mieter nicht akzeptieren.

Zudem ist der Vermieter nicht vollumfänglich von der Räum- und Streupflicht befreit. Er muss kontrollieren, ob die Mieter ihrer Streu- und Räumpflicht auch nachkommen und sie gegebenenfalls abmahnen, wenn sie dies nicht tun. Verletzt der Vermieter seine Überprüfungs- und Kontrollpflicht, kann er bei einem Unfall schadenersatzpflichtig werden.

Überträgt der Hauseigentümer den Winterdienst einer externen Firma, kann er den Mietern die Kosten im Rahmen der Nebenkosten in Rechnung stellen.

Was tun bei Verhinderung?

Wer nicht selbst Schnee schippen oder Salz streuen kann (z.B. durch urlaubsbedingte Abwesenheit, Krankheit, Alter, Gebrechlichkeit), muss für eine Vertretung sorgen. Berufliche Abwesenheit entbindet im Übrigen nicht von der Räum- und Streupflicht: Wenn Sie tagsüber unterwegs sind, müssen Sie sich rechtzeitig um eine Vertretung kümmern! Findet sich keine Vertretung durch Nachbarn oder Angehörige, muss eine Firma bezahlt werden, so urteilte das Oberlandesgericht Köln (OLG Köln, Az. 26 U 44/94).

Laut Bundesgerichtshof muss auch mehrfach am Tag Schnee geräumt werden, wenn es die Witterung erfordert. Bei Eisregen muss mehrfach gestreut werden, wenn die Wirkung der vorherigen Maßnahme nachgelassen hat. Nur wenn das Schneeschieben vor lauter Neuschnee überhaupt nichts mehr bringt, ist eine Pause erlaubt.

Ein einfaches Warnschild mit dem Schriftzug "Privatweg – Betreten auf eigene Gefahr" entbindet nicht von der Pflicht zum Winterdienst. Es verlangt von Passanten lediglich eine besondere Vorsicht, was im Schadensfall vor Gericht wichtig sein kann, wenn es um das Mitverschulden des Geschädigten geht.

Was droht bei Versäumnissen?

Wer seine Verkehrssicherungspflicht verletzt hat, kann bei Verletzungen von Passanten für Behandlungskosten, Verdienstausfall und Schmerzensgeld in Anspruch genommen werden. Es droht sogar ein Bußgeld, welches nicht von der Haftpflichtversicherung übernommen wird.

Wie ist eine Absicherung möglich?

Bei selbst bewohnten Einfamilienhäusern sind die Eigentümer durch Ihre Privathaftpflichtversicherung gegen Schadensersatzansprüche abgesichert, falls eine Person auf dem Gehweg stürzt und zu Schaden kommt. Glatteisunfälle vor Mietshäusern sind Sache der Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung des Eigentümers. Mieter, die den Schneeräumdienst übernehmen müssen, sollten eine private Haftpflichtversicherung abschließen.

Sie haben weiterführende rechtliche Fragen zur Räum- und Streupflicht oder benötigen Hilfe bei einem anderweitigen juristischen Problem? Unsere versierten Rechtsanwälte der Sozietät Bietmann stehen Ihnen gerne zur Seite.

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