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Kinderfotos im Internet – diese Gesetze sollten Sie kennen

Diese Gesetze greifen hinsichtlich Kinderfotos im Internet | Die Rechtslage, denkbare Folgen & Möglichkeiten zur Klage

Rechtliche Problemstellungen durch die Veröffentlichung von Kinderfotos im Netz

Sowohl Eltern als auch Großeltern, Lehrer und andere Betreuungspersonen veröffentlichen häufig Foto- und Videoaufnahmen von Kindern und Jugendlichen in sozialen Netzwerken, auf Homepages oder verschicken diese über Messenger-Dienste. Während die meisten damit nur schöne Erinnerungen mit Familie und Freunden teilen möchten, nutzen andere die Fotos für kommerzielle Zwecke – um etwa auf Plattformen wie Instagram Produkte zu bewerben. Informieren Sie sich in diesem Beitrag über die für den Umgang mit Kinderfotos im Internet relevanten Gesetze.

„Das Internet vergisst nicht“

Unabhängig von der Art der Verwendung oder der dahinterstehenden Intention sind sich jedoch nur wenige bewusst, welche rechtlichen Problemstellungen mit der Veröffentlichung von Kinderfotos im Internet einhergehen und welche Gesetze in diesen Fällen greifen. Dies gilt primär vor dem Hintergrund, dass – anders als in einem analogen Fotoalbum oder auf einer Festplatte – auch Dritte zumeist ungehindert auf die Dateien zurückgreifen und diese noch Jahre später abrufen und verbreiten können.

Prominentes Beispiel: das „Nirvana-Baby“

Dass die Veröffentlichung und Verbreitung von Kinderfotos auch noch nach Jahrzehnten Auswirkungen haben kann, zeigt sich derzeit in den USA. Spencer Elden, der als vier Monate alter Säugling für das Cover des Nirvana-Albums „Nevermind“ fotografiert wurde, hat über seinen Anwalt verlauten lassen, man habe Klage eingereicht. Der Vorwurf: Verbreitung von Kinderpornografie.

Kinderfotos im Internet: Welche Gesetze bestimmen die Rechtslage in Deutschland?

In Deutschland bestimmen bei Kinderfotos im Internet verschiedene Gesetze, unter welchen Umständen das Teilen dieser Aufnahmen rechtmäßig ist. Vom Recht am eigenen Bild über die DSGVO bis hin zum Sorgerecht – verschaffen Sie sich hier einen Überblick über die für den Umgang mit Kinderfotos im Internet relevanten Gesetze.

Das Recht des Kindes am eigenen Bild und der Schutz der Privatsphäre

Das grundrechtlich geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst auch das Recht am eigenen Bild (vgl. Art. 2 I i.V.m. Art. 1 I GG). Dieses ist als besondere Ausprägung zudem im Kunsturhebergesetz (KUG) geregelt. Nach § 22 KUG dürfen Fotos grundsätzlich nur mit der Einwilligung der darauf gezeigten Person verbreitet oder veröffentlicht werden.

Die Einsichtsfähigkeit ist bei Kinderfotos im Internet maßgeblich

Ob die Einwilligung des Kindes erforderlich ist, richtet sich danach, ob dieses einsichtsfähig ist. Entscheidend ist dabei, ob es nach seiner emotionalen und geistigen Reife dazu in der Lage ist, selbst einschätzen zu können, welche Tragweite die Veröffentlichung eines Fotos oder Videos hat. Dies ist stets eine individuelle Entscheidung. In der Regel wird ab einem Alter zwischen 12 und 14 Jahren von der ausreichenden Einsichtsfähigkeit ausgegangen.

Verstoß gegen die DSGVO

Das Posten von Kinderfotos im Internet fällt laut Gesetz als automatisierte Verwendung von personenbezogenen Daten ebenfalls in den Anwendungsbereich der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Daher ist auch unter diesem Gesichtspunkt eine Einwilligung der abgebildeten Person(en) erforderlich (vgl. Art. 2 I i.V.m. Art. 4 Nr. 2 DGSVO).

Werden Fotos allein im privaten Bereich geteilt, greift hingegen das sogenannte Familien- und Haushaltsprivileg, wonach die DSGVO keine Anwendung findet. Wie genau dieser „private Bereich“ zu verstehen ist, ist umstritten. Da die Veröffentlichung der Bilder jedoch ohnehin regelmäßig in den Anwendungsbereich des § 22 KUG fällt, kann dies im Ergebnis unerheblich sein – denn eine Einwilligung ist somit in jedem Fall erforderlich.

Sorgerecht der Erziehungsberechtigten

Haben die Kinder selbst noch nicht die erforderliche Einsichtsfähigkeit, muss die Entscheidung durch die Erziehungsberechtigten getroffen werden. Das Sorgerecht im Sinne des §§ 1626 ff. BGB regelt, wer die Befugnis innehat, Entscheidungen im Rahmen der Lebensführung und der Erziehung des Kindes zu treffen. Es umfasst unter anderem die Personen-, Gesundheits- und Finanzfürsorge. Das Gesetz schließt dementsprechend Kinderfotos, die im Internet geteilt werden oder wurden, mit ein.

Das Kindeswohl ist dabei stets der Hauptentscheidungsfaktor, nach dem die Erziehungsberechtigten ihre Entscheidungen auszurichten haben. Mit zunehmendem Alter ist es auch erforderlich, dass Kinder in die Entscheidung mit eingebunden und ihre Wünsche respektiert werden. Ist das Kind nach den oben genannten Grundsätzen noch nicht einsichtsfähig, müssen die Erziehungsberechtigten allein entscheiden.

Einwilligung beider Erziehungsberechtigten bei geteilter Sorge

Bei gemeinsamem Sorgerecht im Sinne des §§ 1626, 1626a BGB ist zu beachten, dass die Einwilligung beider Erziehungsberechtigten bezüglich der Veröffentlichung oder Verbreitung eines Fotos oder einer Videoaufnahme erforderlich ist, da es sich um eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung handelt (vgl. § 1678 I S.1 BGB). Dabei spielt es keine Rolle, ob das Foto durch einen Elternteil beziehungsweise Sorgeberechtigten oder einen Dritten geteilt wurde.

Übertragung der Entscheidungsbefugnis durch das Familiengericht

Sofern ein Erziehungsberechtigter das Posting ohne Zustimmung oder gegen den Willen des anderen durchsetzen möchte, muss vor dem Familiengericht eine Übertragung der Entscheidungsbefugnis nach § 1628 BGB erwirkt werden. Es ist dann auch die Bestellung eines Ergänzungspflegers zur Durchsetzung der dem Kind zustehenden Rechte erforderlich.

Einwilligung des oder der Sorgeberechtigten gegenüber Dritten erforderlich

Möchten Dritte, also etwa Lehrer, Erzieher, Freunde oder andere Familienangehörige, Kinderbilder auf Homepages oder in sozialen Netzwerken veröffentlichen, ist vor der Fotoveröffentlichung stets die Einwilligung des oder der Sorgeberechtigten einzuholen. Je nach Grad der Einsichtsfähigkeit wird auch die Erlaubnis des Kindes benötigt.

Entscheidung des Gerichts über Kinderfotos im Internet in Härtefällen

Gemäß § 1666 BGB kann das Familiengericht entsprechende Maßnahmen einleiten, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind. Dieser Fall tritt ein, wenn das Familiengericht befindet, dass durch eine Verbreitung von Foto- oder Videomaterial im Internet das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet, und die Erziehungsberechtigten als nicht gewillt oder in der Lage ansieht, diese Gefahr abzuwenden. Dies dürfte jedoch nur in sehr wenigen Härtefällen erforderlich sein.

Rechtswidriger Upload von Kinderfotos im Internet: Mögliche juristische Konsequenzen

Wird ein Foto oder Video ohne beziehungsweise gegen die Einwilligung des/der Erziehungsberechtigten oder des bereits einsichtsfähigen Kindes veröffentlicht, besteht aufgrund dieser unrechtmäßigen Bildveröffentlichung ein Anspruch auf Unterlassung nach § 1004 BGB sowie ein Schadenersatzanspruch gemäß §§ 823 II BGB, 22, 23 KUG.

Im Zweifel anwaltliche Unterstützung suchen

Diese Ansprüche sollten im Rahmen einer anwaltlichen Abmahnung geltend gemacht werden. Falls erforderlich kann auch der Klageweg beschritten werden. Dabei können folgende Ansprüche durch den Fachanwalt verfolgt werden:

  1. Löschung des Fotos
  2. Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, sofern eine Wiederholung droht
  3. Auskunft über die Verwendung des Fotos
  4. Ersatz der Anwaltskosten
  5. Gegebenenfalls Zahlung einer Geldentschädigung in Form eines angemessenen Schmerzensgeldes

Wenn Sie im Umgang mit Kinderfotos im Internet und für eine Prüfung der Gesetze, die in Ihrem individuellen Fall greifen, einen juristischen Beistand benötigen, stellen wir Ihnen einen unserer versierten Fachanwälte zur Verfügung. Profitieren Sie von unserer weitgefächerten Rechtsberatung und lassen Sie sich in Ihrem Fall unterstützen beispielsweise von einem Anwalt für Familienrecht, einem Anwalt für Datenschutzrecht oder einem Anwalt für Urheber- und Medienrecht. Bei der Sozietät Bietmann finden Sie Fachanwälte fast aller relevanten Rechtsgebiete – so steht stets ein interdisziplinäres Team anerkannter Berater, die für den bestmöglichen Ausgang Ihres Falls eintreten, hinter Ihnen.

 

Autorin: 

Marie-Christine Wilbert

Rechtsanwältin

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