Basiswissen E-Commerce-Recht
Das Internet ist aus der heutigen Konsumwelt nicht mehr wegzudenken. Für Unternehmen aller Art bieten sich dort Vertriebswege und –möglichkeiten, die vor wenigen Jahren noch undenkbar waren. Strukturelle Nachteile lassen sich hier leichter ausgleichen, als irgendwo sonst. Der Verkauf von Waren und Dienstleistungen über das Internet an andere Unternehmen (B2B) und an Verbraucher (B2C) wirft zahlreiche rechtliche Fragen auf. Nicht alle lassen sich zufriedenstellend beantworten, aber einige Grundregeln muss jeder beherrschen, der sich geschäftlich im Internet bewegt.
Impressumspflicht
Ein Klassiker ist die Impressumspflicht. Ein Verstoß dagegen kann wettbewerbsrechtlich abgemahnt werden und ein Ordnungswidrigkeitsverfahren mit Bußgeld nach sich ziehen. Typische Fehler sind „Handelsregisterdummies“, also Platzhalter aus der Zeit, als z.B. die GmbH sich noch in Gründung befand und der Webseitenprogrammierer deshalb anstelle keine Registernummer eintragen konnte; fehlende Angaben zur Aufsichtsbehörde wurden früher beispielsweise vom OLG Koblenz, Urteil vom 25. April 2006 (4 U 1587/04) als Bagatelle angesehen, nach aktueller Rechtsprechung sind sie wettbewerbswidrig. Dasselbe gilt, wenn keine funktionierende E-Mail-Adresse vorhanden ist oder, leider weit verbreitet, der verpflichtende Link auf die OS-Plattform der Europäischen Union nicht anklickbar ist. Ein unzutreffender Haftungsausschluss bezüglich der „Haftung für Links“, wie er sich in vielen, teilweise sogar kostenpflichtigen Generatoren findet, ist nach einem Urteil des LG Arnsberg, vom 3. September 2015 (I-8 O 63/15) ebenfalls rechtswidrig.
Neuerdings ist auch die Impressumspflicht für Präsenzen in Social Media wie z.B. Facebook zu beachten. Hier genügt es allerdings, einen „sprechenden“ Link auf das Impressum der eigenen Website zu setzen. Auf Marktplätzen wie amazon oder ebay ist außerdem an den Hinweis nach dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz zu denken, wonach der Händler angeben muss, ob er bereit oder verpflichtet (ist,) an einem Streitbeilegungsverfahren der Verbraucherschlichtungsstellen teilzunehmen.
Verbraucherschutz
Nicht alles, was dem Händler gefällt, ist auch erlaubt. Seit dem 13. Juni 2014 ist der Verbraucherschutz innerhalb der EU einheitlich geregelt. Der Verkäufer hat seitdem keinen Anspruch auf Fracht-, Liefer- oder Versandkosten und sonstige Kosten, wenn zuvor nicht darüber informiert wurde, auch muss er eine gängige, zumutbare und für den Verbraucher gebührenfreie Zahlungsmöglichkeit bereitstellen. Was im Einzelnen beachtet werden muss, ist selbst für erfahrene Rechtsanwender nicht einfach festzustellen. Eine grobe Systematik kann helfen:
Da es sich bei Verkäufen über das Internet um Fernabsatz handelt, gelten die Vorschriften der §§ 312c ff. BGB.
In § 312d BGB sind die allgemeinen Informationspflichten geregelt. Diese müssen zusammen mit Art. 246a EGBGB gelesen werden.
§ 312f BGB bestimmt, dass eine unterschriebene Abschrift des Vertragsdokuments oder eine Bestätigung des Vertrags, in der der Vertragsinhalt wiedergegeben ist, ganz klassisch auf Papier zur Verfügung gestellt werden muss.
Auch über das Bestehen des Widerrufsrechts nach § 355 BGB, Ausnahmen und Rechtsfolgen des Widerrufs muss informiert werden. Die Widerrufsfrist beginnt nicht zu laufen, bevor nicht sämtliche Informationspflichten nach Art. 246 a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB erfüllt sind, vgl. § 356 Abs. 3 BGB, sie beträgt dann maximal 1 Jahr und 14 Tage.
ACHTUNG:
Die gesetzlichen Muster müssen verwendet werden, sie befinden sich in der Anlage zum Gesetzestext, kostenlos z.B. hier abrufbar: https://www.gesetze-im-internet.de/bgbeg/
Die Klausel, wonach im Widerrufsfall Rücksendekosten bis zu einem Warenwert von 40,00 € vom Kunden selbst getragen werden müssen, ist veraltet. Der Verbraucher hat nach neuem Recht die (vollen) Rücksendekosten allein zu tragen - aber nur, wenn er zuvor darüber belehrt wurde.
In § 312i BGB sind dann die Pflichten im elektronischen Geschäftsverkehr geregelt, diese Vorschrift muss zusammen mit Art. 246c EGBGB gelesen werden.
Aus § 312j BGB ergeben sich die besonderen Pflichten im elektronischen Geschäftsverkehr gegenüber Verbrauchern, zusammen mit Art. 246a § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 4, 5, 11 und 12 EGBGB
Für das Gastgewerbe ist von besonderer Bedeutung § 312g Abs. 2 Nr. 9 BGB, der bei Beherbergungsverträgen, Lieferung von Speisen und Getränken sowie zur Erbringung weiterer Dienstleistungen im Zusammenhang mit zeitgebundenen Freizeitbetätigungen, kein Widerrufsrecht vorsieht. Die Ausnahmen für Pauschalreisen sind in § 312 Abs. 7 BGB geregelt.
Sonderproblem Umsatzsteuer
Innerhalb der EU gelten verschiedene Umsatzsteuersätze. Auch die Frage, an welches Finanzamt die Steuer abzuführen ist, kann schwierig zu beantworten sein. Onlinehändler, die ihre Waren an Verbraucher in anderen EU-Mitgliedsstaaten liefern, müssen die dabei anfallende Mehrwertsteuer bei Überschreitung bestimmter Schwellenwerte (35.000,00 € in zahlreichen Mitgliedsstaaten) an den Staat abführen, in den die Waren geliefert wurden. Maßgeblich ist dann auch der dort geltende Mehrwertsteuersatz. Die Preisangabe gemäß PAngV ist in diesen Fällen ein weiteres Problem, denn unterschiedliche Mehrwertsteuersätze bedeuten entweder unterschiedliche Nettopreise und somit Margenunterschiede für den Händler, oder unterschiedliche Endpreise. Steuerlicher Rat ist also im Vorfeld unabdingbar.
Dauerbrenner wettbewerbsrechtliche Abmahnungen
Institutionalisierte und selbsternannte Wettbewerbshüter, unzufriedene Kunden, missgünstige Wettbewerber sind täglich auf der Suche nach abmahnfähigen Verstößen. Im Onlinehandel gibt es davon genug. Die häufigsten Fälle aus unserer Praxis sind
- fehlende Altersverifikation beim Versand alkoholischer Getränke
- Probleme im Bereich der Widerrufsbelehrungen
- rechtswidrige AGB-Klauseln
- Beanstandungen bei Artikelbeschreibungen, Preisauszeichnung (vor allem bei Rabattaktionen und Sonderpreisen)
- Mängel im Impressum
Durch die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ist außerdem die unerlaubte Werbung wieder stärker in den Blickpunkt der Abmahner gerückt. Feedback-Mails, die z.B. im Anschluss an einen Hotelaufenthalt, eine Mietwagenbuchung usw. an den Kunden geschickt werden, sind ohne vorherige Einwilligung der Empfänger als unerlaubte Werbe-E-Mails einzustufen (so ein Urteil des Landgerichts Hannover vom 21. Dezember 2017, Az. 21 O 21/17). Nach § 7 Absatz 3 UWG handelt es sich nur dann nicht um eine unzumutbare Belästigung, wenn
- der werbende Unternehmer im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung von dem Kunden dessen elektronische Postadresse erhalten hat, UND
- der Unternehmer die Adresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwendet, UND
- der Kunde der Verwendung nicht widersprochen hat, UND
- der Kunde bei Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen wird, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.
Die Anforderungen sind also sehr hoch. Rechtsberatung im E-Commerce bleibt deshalb unverzichtbar und zahlt sich schnell aus.