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Mobbing am Arbeitsplatz

Die Zahl der Mobbing-Opfer in Deutschland steigt stetig. Einer Umfrage zu Folge ist jeder siebte Arbeitnehmer am Arbeitsplatz ein Opfer von Mobbing geworden. Dabei reichen die Mobbinghandlungen von Nicht-Grüßen, soziale Isolation über Beleidigung, Verleumdung, üble Nachrede bis hin zu sexueller Diskriminierung, Übergriffen und Belästigungen.

Was versteht man unter Mobbing?

Un­ter dem Be­griff "Mob­bing" wer­den vie­le ver­schie­de­ne For­men von Schi­ka­ne zu­sam­men­ge­fasst. Nach der Definition des Bundesarbeitsgerichts ist unter Mobbing das systematische Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte zu verstehen (BAG, Urteil v. 15.1.1997, 7 ABR 14/96). Dies ist allerdings abzugrenzen von Konflikten, die zwangsläufig durch die Zusammenarbeit mit Kollegen und Vorgesetzten entstehen.

Problematisch ist, dass es bei der Frage, ob Mobbing vorliegt oder nicht, zum größten Teil auf subjektive Wertungen ankommt. Wird man tatsächlich und bewusst mit schiefen Blicken bedacht, oder sind die Kollegen, Vorgesetzten nur schlecht gelaunt?

Wie können Betroffene sich gegen Mobbing wehren?

Beschwerderecht nach § 13 AGG

Gemäß § 13 AGG steht Betroffenen ein Beschwerderecht bei den zuständigen Stellen des Betriebs, des Unternehmens oder der Dienststelle zu. Damit der Arbeitgeber die Beschwerde überprüfen kann, muss die Beschwerde hinreichende Tatsachen enthalten. Es empfiehlt sich daher ein sog. Mobbing-Tagebuch zu führen. Hält der Betriebs- oder Personalrat die Beschwerde für berechtigt, kann er beim Arbeitgeber auf Abhilfe hinwirken. Dem Betroffenen dürfen wegen der Beschwerde keine Nachteile entstehen.

Die Einhaltung einer Frist oder einer bestimmten Form ist nicht erforderlich. Sie kann daher auch mündlich oder per E-Mail eingelegt werden. Am besten wird die Beschwerde jedoch schriftlich verfasst. Dadurch kann der Betroffene nachweisen, dass der Arbeitgeber von den Mobbingvorfällen wusste. In der Beschwerde sollten die Mobbinghandlungen mit Zeit und Ort genau geschildert und Beweise angegeben werden, etwa E-Mails oder Zeugen.

Anspruch auf Durchführung geeigneter Maßnahmen, § 12 III AGG

Betroffene können von ihrem Arbeitgeber verlangen, dass dieser das Mobbing durch geeignete, erforderliche und angemessene Maßnahmen unterbindet (Ermahnung, Abmahnung, Umsetzung, Versetzung oder Kündigung des Mobbers). Dem Arbeitgeber kann jedoch nicht vorgeschrieben werden, welche dieser Maßnahmen er ergreifen muss.

Beschwerde nach §§ 84, 85 BetrVG

Von Mobbing betroffene Arbeitnehmer können sich formlos beim Arbeitgeber oder dem Betriebsrat beschweren (§§ 84, 85 BetrVG). Sowohl der Be­triebs­rat als auch der Ar­beit­ge­ber sind dazu ver­pflich­tet, die freie Ent­fal­tung der im Be­trieb beschäftig­ten Ar­beit­neh­mer zu schützen und zu fördern (§ 75 Abs.2 Be­trVG). Hilft der Arbeitgeber der Beschwerde nicht ab – etwa wenn das Mobbing von ihm selbst ausgeht – bleibt dem Betroffenen die Möglichkeit, den Klageweg zu beschreiten, was er allerdings von Fall zu Fall sorgfältig abwägen sollte.

Anspruch auf Zurückbehaltung der Arbeitsleistung

Nach § 14 AGG analog sind Betroffene berechtigt, ihre Tätigkeit ohne Verlust des Arbeitsentgelts einzustellen, soweit dies zu ihrem Schutz erforderlich ist. Voraussetzung ist, dass der Arbeitgeber keine oder offensichtlich ungeeignete Maßnahmen zur Unterbindung einer Belästigung oder sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz trifft.

Aber: Arbeitnehmer gehen unter Umständen ein hohes Risiko ein, wenn sie ihre Tätigkeiten einstellen. Sollte sich im Nachhinein herausstellen, dass die Voraussetzungen für ein Leistungsverweigerungsrecht nicht in vollem Umfang vorliegen, ist der Arbeitgeber aufgrund der unterbliebenen Arbeitsleistung berechtigt Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund fristlos zu kündigen. Daher sollte vorher unbedingt  ein Rechtsanwalt konsultiert werden.

Kündigung des Mobbers

Mobbing kann im Einzelfall eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen. Voraussetzung ist, dass dadurch das allgemeine Persönlichkeitsrecht, die Ehre und die Gesundheit des Mobbingopfers in schwerwiegender Weise verletzt wurden.

Eigenkündigung des Betroffenen

Die Eigenkündigung des Betroffenen sollte gut überlegt sein. Zu denken ist insbesondere daran, dass im Falle der daraus folgenden Arbeitslosigkeit eine Sperrfrist durch das Arbeitsamt droht. Auch in dieser Situation sollten Betroffene die einzelnen Mobbing-Vorfälle genau dokumentieren und Beweise sammeln. Dann kann gegenüber dem Arbeitsamt dargelegt werden, dass wichtige Gründe vorliegen, die es unzumutbar erscheinen lassen, an dem Arbeitsverhältnis festzuhalten.

Allgemeine zivilrechtliche Maßnahmen

Zivilrechtlich ist vor allem aufgrund der Verletzung der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers an die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen (Schmerzensgeld, Verdienstausfall, Ersatz von Behandlungskosten) zu denken. Dafür muss der Arbeitnehmer das Mobbing sowie das schuldhafte Nichteinschreiten des Arbeitgebers konkret darlegen und beweisen. Der Arbeitgeber haftet somit nicht nur für eigenes Mobbing, sondern auch für Mobbing durch Mitarbeiter, wenn er dieses kennt und nicht unterbindet.

Allerdings kommt es in der Praxis häufig zu gravierenden Beweisproblemen. Denn der Nachweis der unter „Vier-Augen“ gesetzten feindlichen Maßnahmen ist äußerst schwierig. Hilfreich ist dabei das oben bereits erwähnte Mobbing-Tagebuch.

Anspruch auf Widerruf oder Unterlassung

Bei rufschädigenden oder beleidigenden Äußerungen können Betroffene, außergerichtlich gemäß  §§ 1004 i. V. m. 823 BGB  einen Widerruf und/oder eine strafbewehrte Unterlassungserklärung vom Mobber verlangen. Bei Weigerung kann eine Unterlassungsklage in Betracht kommen.


Wichtig: Ausschluss- und Verjährungsfristen beachten

Betroffene müssen arbeits- oder tarifvertragliche Ausschlussfristen (oftmals sechs Monate ab Kenntnis des schädigenden Ereignisses) beachten und ihren Ersatz- oder Schmerzensgeldanspruch rechtzeitig gerichtlich geltend machen.

Die Ausschlussfrist und die Verjährungsfrist beginnen frühestens mit der zeitlich letzten Mobbing-Handlung.

Strafrechtliche Verfolgung

In Betracht kommt auch ein strafrechtliches Vorgehen. Betroffene können bei der Staatsanwaltschaft oder der Polizei eine Strafanzeige wegen Beleidigung, übler Nachrede, Körperverletzung, sexueller Nötigung stellen.

Fazit

Mobbing am Arbeitsplatz ist aufgrund der zwischenmenschlichen Ebene vor dem Arbeitsgericht sehr schwer nachweisbar. Ist der erste Verdacht von Mobbing vorhanden, sollten betroffene Arbeitnehmer Beweise sicherstellen und sich auf der Arbeit Verbündete suchen, die den Vorfall bezeugen können. Das Hauptproblem besteht darin, den Nachweis zu führen, dass Betroffene systematisch gemobbt werden. Zwar können sie anhand eines ärztlichen Attests die Auswirkungen wie etwa psychische Belastungen nachweisen, die konkreten Ursachen aufzuzeigen erweist sich in der Praxis häufig als schwierig.

Ein von Mobbing betroffener Arbeitnehmer muss diese Angriffe nicht schutzlos hinnehmen. Er kann und sollte sich frühzeitig und aktiv dagegen wehren und anwaltliche Hilfe (z.B. im Bereich Zivilrecht oder Strafrecht) in Anspruch nehmen.

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