YouTube, Pinterest & Blogs – Anleitungen aus dem Internet
Auf welche Fallstricke beim Veröffentlichen von Empfehlungen oder Anleitungen in sozialen Medien und dem Web geachtet werden muss, erklärt Rechtsanwalt Martinsdorf im folgenden Artikel.
1. Anleitungen aus dem Internet: Wer haftet wenn etwas schief geht?
Mit der Erteilung einer Auskunft oder eines Rates kann ein Beratungsvertrag zustande kommen. Gibt z.B. ein YouTuber, der zu Beauty-Themen vloggt, auf YouTube einen Rat, z.B. ein bestimmtes Make-Up zu kaufen und führt dessen Verwendung zu einem allergischen Schock bei der Anwenderin, könnte dies grundsätzlich zu einer vertraglichen Haftung des YouTubers führen. § 675 Absatz 2 BGB stellt jedoch klar, dass durch die Erteilung eines Rates allein keine vertragliche Haftung begründet wird. Diese sog. Haftungsfreistellung gilt immer dann, wenn der Rat aus Gefälligkeit, d.h. ohne Rechtsbindungswillen, gegenüber dem „Auftraggeber“ abgegeben wird, dem Viewer also nur ein einfacher Gefallen getan werden soll. Gerade dies wird bei Vlogs in aller Regel der Fall sein. Kein Vlogger will mit jedem seiner tausenden, gar Millionen Viewer einen rechtsverbindlichen Beratungsvertrag abschließen. Auch die Viewer wollen das nicht. Eine vertragliche Haftung der Blogger/Vlogger scheidet daher in aller Regel aus.
Wird ein Rat oder eine Auskunft von dem YouTuber jedoch bewusst unrichtig erteilt, und hat der Geschädigte auf den Rat/die Auskunft vertraut, kann dies gegen die guten Sitten verstoßen und den Schädiger daher zu Schadensersatz verpflichten (§ 826 BGB). Gleiches gilt, wenn die unrichtige Auskunft leichtfertig und gewissenlos erteilt wurde. Ausreichend ist insofern, dass dem Schädiger die Gefahr der Unrichtigkeit bewusst gewesen ist. Dies könnte z.B. der Fall sein, wenn ein YouTuber vorbehaltlos ein Workout an einem bestimmten Fitnessgerät empfiehlt, von dem er sicher weiß, dass dieses Gerät mehrfach von Stiftung Warentest mit der Note „ungenügend“ bewertet worden ist.
2. „Experten“ auf YouTube: Wer ist tatsächlich ein Experte? Gibt es geschützte Berufsbezeichnungen?
Viele Berufsbezeichnungen sind ungeschützt. Auch der Begriff des „Experten“ ist keine geschützte Berufsbezeichnung. Jeder darf sich daher so bezeichnen. Gerade auf YouTube bieten viele dieser „Experten“ zahlreiche Vlogs zu jedem erdenkbaren Thema (z.B. Ernährung, Erziehung, Fitness) an. Viele dieser Vlogger verfügen jedoch weder über eine anerkannte Ausbildung, noch haben sie eine qualifizierende Prüfung in dem beworbenen Fachgebiet abgelegt. Bezeichnungen wie z.B. Ernährungs- oder Gesundheitsberater, Coach oder (Mental-)Trainer können von jedermann geführt werden und sind daher auch nur bedingt aussagekräftig.
Einen Hinweis auf die Qualität der angebotenen Beratung bieten sie in aller Regel nicht. Geschützte Berufsbezeichnungen sind dagegen z.B. der Arzt, Psychologe, Ingenieur, Versicherungsmakler und natürlich auch der Rechtsanwalt.
3. Darf jeder einfach bei YouTube und Co. Filme/Beiträge einstellen oder gibt es dafür bestimmte Voraussetzungen?
Zum Erstellen eines YouTube-Kontos muss die Person lediglich bestätigen, dass sie mindestens 13 Jahre alt ist. YouTube behält sich das Recht vor, ein Konto zu sperren bzw. zu kündigen, wenn der Uploader beim Erstellen des Kontos ein falsches Alter angegeben hat.
4. Was darf ich, was darf ich nicht auf YouTube? Wann droht mir die Kündigung meines YouTube-Accounts?
YouTube verweist diesbezüglich auf seine sog. Community-Richtlinien. Danach sind insbesondere Nacktheit oder pornografische Inhalte, schädliche oder gefährliche Inhalte, gewalttätige oder grausame Inhalte, Drohungen, Urheberrechtsverletzungen, hasserfüllte Inhalte sowie Spam (irreführende Metadaten) und Betrug auf der Plattform nicht erwünscht. Wird ein Video hochgeladen, welches gegen diese Community-Richtlinie verstößt, kann dies ebenfalls zur Kündigung bzw. zur Löschung des Accounts führen.
5. Rechtliche Absicherung: Was bringen sog. Disclaimer?
Grundsätzlich haftet der Verfasser eines rechtswidrigen Kommentars oder Beitrags, den er selbst auf YouTube hoch lädt oder in einem Blog veröffentlicht. In Betracht kommen hier insbesondere Persönlichkeits- und Urheberrechtsverletzungen, wettbewerbs- und markenrechtliche Verstöße. Für strafbare Handlungen, relevant sind hier vor allem die §§ 185 ff. StGB (z.B. Beleidigung), droht Gefängnis von bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe. Ein Haftungsausschluss bezüglich eigener, vorsätzlich begangener Rechtsverletzungen ist nicht möglich.
Insbesondere für Blogger stellt sich in der Regel jedoch eine weitere, wichtige Frage und zwar: „Kann ich haftbar gemacht werden, wenn ich auf eine Seite verlinke und auf dieser Seite dann rechtsverletzender Inhalt vorhanden ist?“
Grundsätzlich gilt auch hier, dass man zunächst nur für eigene Inhalte haftet. Aus dem Verweis auf fremde Inhalte entsteht zunächst keine Verantwortlichkeit des Bloggers.
Wer sich jedoch fremde, rechtswidrige Inhalte - der BGH nennt es - „zu Eigen“ macht, z.B. durch gezieltes verlinken auf Websites mit rassistischen Äußerungen, kann dafür haftbar gemacht werden. Allerdings kann sich auch derjenige, der sich Inhalte nicht „zu Eigen“ macht, einem Haftungsrisiko aussetzen.
Und zwar schon dann, wenn dem Blogger z.B. von einem Dritten mitgeteilt wird, dass auf einer Seite die er verlinkt hat rechtswidrige Inhalte zu finden sind. Ab diesem Zeitpunkt ist jeder Webseiten-Betreiber, jeder Blogger, verpflichtet, die verlinkten Inhalte zu überprüfen und den Link ggf. zu entfernen. Tut er dies nicht, besteht die Gefahr, dass er auf Unterlassung oder gar Schadensersatz in Anspruch genommen wird.
Haftungsausschlüsse oder sog. Disclaimer, mit denen versucht wird diese Verantwortlichkeit auszuschließen, werden in der Praxis vielfach verwendet. Oft findet man sie im Impressum der jeweiligen Webseite oder Blog. Ihre Bedeutung wird jedoch überschätzt. Im Bereich des Marken- oder Urheberrechts sind sie nahezu alle nutzlos. Nur bei Meinungsäußerungen kommt eine „Distanzierung“ von den vermittelten fremden Informationen überhaupt in Betracht.
Ein pauschaler Ausschluss jeglicher Haftung ist jedoch auch hier wenig zielführend. Wird beispielsweise formuliert, dass man alle Links die man setzt „umfassend prüft und sich die verlinkten Inhalte nicht zu Eigen macht“, kann dies unter Umständen gar haftungsverschärfende Auswirkungen haben. Denn letztlich zeigt man mit einer derartigen Formulierung, dass man sich mit den Risiken einer Haftung für etwaige rechtwidrige Inhalte auseinandergesetzt hat. Eine Haftung besteht daher unabhängig von Disclaimern im Impressum der Seite. Disclaimer können unter Umständen sinnvoll sein, wenn sich eigene von fremden Inhalten auf der Website nicht trennscharf abgrenzen lassen. In derartigen Fällen sollte sich der Disclaimer dann aber in unmittelbarer Nähe zu den verlinkten Inhalten befinden und sich nicht im Impressum „verstecken“.
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