Sozietät Bietmann
Hier entstehenLösungen

Zur Vorsatzanfechtung nach § 133 InsO bei Ratenzahlungsvereinbarungen

In der letzten Zeit wurde oftmals kritisiert, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung zur sogenannten Vorsatzanfechtung gemäß § 133 InsO in den letzten Jahren völlig ausgeufert ist. Grund hierfür war mitunter, dass die Instanzgerichte unter Anlehnung an die Entscheidungen des BGH Stundungsbitten oder die Vereinbarung von (gegebenenfalls mehrfach angepassten) Ratenzahlungen allzu oft als ausreichendes Indiz für die Kenntnis eines Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes einstuften. Dies führte dazu, dass die in der Praxis geläufige Einräumung großzügiger Zahlungsbedingungen an Abnehmer, die sich - oft auch nur vorübergehend - in einer angespannten finanziellen Situation befanden, für die Gläubigerunternehmen mehr und mehr zum unkalkulierbaren Risiko wurde.

 

Mit Urteil vom 16.04.2015, AZ: IX ZR 6/14, ist der BGH nunmehr erstmalig davon abgerückt, bei Geschäftspartnern, die vom späteren Insolvenzschuldner um eine Ratenzahlungsvereinbarung gebeten wurden, stets von der Kenntnis des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes auszugehen. In dem Rechtsstreit beanspruchte der Kläger (Insolvenzverwalter) von der Beklagten die Erstattung von Zahlungen, die diese vom Schuldner erhalten hatte. Sein Zahlungsverlangen stützte er auf die Vorsatzanfechtung nach § 133 InsO und begründete dies damit, dass zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Zahlungen der Schuldner um eine Ratenzahlung gebeten hatte. Die begehrte Ratenzahlungsvereinbarung war zwischen dem Schuldner und der Beklagten geschlossen und eine dreitägige Verfallsklausel vereinbart worden. Durch verspätete Ratenzahlungen waren die Voraussetzungen der Verfallsklausel erfüllt. Der gesamte noch offene Betrag war daher zum Zeitpunkt der Zahlungen fällig. Die vereinbarten Raten wurden zwar jeweils um einige Tage verspätet, dennoch aber vollständig zahlt. Die Beklagte hatte die fraglichen Zahlung weder angemahnt noch andere Beitreibungsmaßnahmen eingeleitet.

 

Anders als bisher entschied der BGH, dass die Bitte nach Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung beim Lieferanten noch kein Indiz für eine Zahlungsunfähigkeit oder für die Kenntnis des Lieferanten hiervon sei. Dies sei nur dann der Fall, wenn der Schuldner die Bitte mit der Erklärung verbinde, seine fälligen Verbindlichkeiten anders nicht mehr erfüllen zu können. Denn solche Bitten seien auch sonst im Geschäftsverkehr üblich und könnten auf verschiedenen, mit Zahlungsschwierigkeiten nicht zusammenhängenden Gründen beruhen, wie etwa einer Erzielung von Zinsvorteilen oder der Vermeidung von Kosten und Mühen im Zusammenhang mit der Aufnahme eines ohne weiteres erlangbaren Darlehens.

 

Jedoch ist weiterhin äußerste Vorsicht geboten. Mit Urteil vom 25.02.2016, AZ: IX ZR 109/15, hat der BGH folgenden verschärfenden Leitsatz aufgestellt:

„Schweigt der Schuldner einer erheblichen Forderung während eines monatelangen Zeitraums auf Rechnungen und Mahnungen und bietet er nach Einschaltung eines Inkassounternehmens und Erwirken eines Mahnbescheids in dem auf seinen Widerspruch eingeleiteten gerichtlichen Verfahren die ratenweise Zahlung der Gesamtforderung einschließlich der Zinsen und der angefallenen Kosten an, hat der Gläubiger die Zahlungseinstellung des Schuldners, dessen Zahlungsverzug nicht mit einer fortdauernden Anspruchsprüfung erklärt werden kann, erkannt.“

 

Festzuhalten ist demnach, dass ein engmaschiges Rechnungs- und Mahnwesen nach Ansicht des BGH einen erheblichen Zahlungsdruck beim Schuldner aufbaue, welches bei einer späteren Insolvenz des Schuldners ein schwerwiegender Nachteil sei und einen Anspruch des Insolvenzverwalters auf Rückzahlung von dem Schuldner an den Gläubiger erbrachter Zahlungen begründen könne.

 

Daher unser dringender Tipp:

Um der Gefahr einer Vorsatzanfechtung bereits im Vorfeld Wind aus den Segeln nehmen zu können, sollte in den Fällen, in denen der Abnehmer mit einer Bitte auf Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung an einen herantritt, vorsorglich dokumentiert werden, dass die Vereinbarung den bisherigen Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs entspricht und jegliche Dokumentation vermieden werden, die auf eine Zahlungsunfähigkeit hindeuten könnten. Die entsprechende Kommunikation mit dem Schuldner sollte auf das nötigste beschränkt werden und möglichst mündlich ablaufen. Es gilt zu beachten, dass eine ausführliche Dokumentation durch ein straffes Rechnungs- und Mahnwesen ein nützliches Beweismittel für den Insolvenzverwalter in einem etwaigen Insolvenzanfechtungsprozess darstellen kann.

 

Ferner muss derjenige, der mit Anwalt oder Vollstreckung droht auch zeitig handeln, andernfalls droht die Rückzahlung aufgrund einer insolvenzrechtlichen Anfechtung, welcher unter Umständen bis zu 10 Jahre zurückreichen kann. Eine im Wege der Vollstreckung erlangte Zahlung ist in den meisten Fällen anfechtungsfest.

 

Sollten Sie aufgrund einer mit ihrem Schuldner abgeschlossenen Ratenzahlungsvereinbarung mit insolvenzrechtlichen Anfechtungsansprüchen konfrontiert werden, ist Ihnen die Sozietät Bietmann mit ihrer anfechtungsrechtlichen Expertise im Insolvenzrecht gerne behilflich - sprechen Sie uns einfach unverbindlich an!

Jetzt Termin vereinbaren - Wir rufen Sie zurück

* Pflichtfeld