Die EU-Kommission empfiehlt eine zusätzliche Erhöhung der Funkfrequenzen, weil die Verlagerung des Datenverkehrs vom Mobilfunknetz in WiFi und W-LAN zunehmen wird. Mehr Frequenzen und weniger Regulierung, lautet das Motto. Denn WiFi und W-LAN ermöglichen einen kostengüstigen Zugang zu fremden Anschlüssen, z. B. in mit Hotspots ausgestatteten Hotels und Restaurants. So weit, so schön.
Gegenläufiger Trend in USA
Doch in den USA zeichnet sich gerade ein ganz anderer Trend ab: die Hotelkette Marriott und der amerikanische Hotel- und Unterkunftsverband haben zusammen mit weiteren Hotelketten eine Petition unterzeichnet, wonach es Gästen in den USA untersagt werden soll, eigene W-LAN-Verbindungen (Hotspots) innerhalb des vom Hotel zur Verfügung gestellten W-LAN aufzubauen. Die Unterzeichner der Petition befürchten, dass über W-LAN Verbindungen, die den Gästen vom Hotel zur Verfügung gestellt werden, illegale Handlungen begangen werden könnten.
Deutsche Probleme
Hoteliers und Gaststättenbetreiber in Deutschland müssen sich ebenfalls mit dieser Problematik auseinandersetzen. Wenn auch vor einem etwas anderen Hintergrund. In Deutschland spielen Urheberrechtsverletzungen und die damit verbundene Abmahngefahr durch die Rechteinhaber z. B. von Musik- und Filmwerken eine größere Rolle, aber auch die unberechtigte Verwendung von Marken, Bildern oder die Beleidigung in Internetforen bieten Konfliktpotential. Die Bundesregierung ist bei der Bewältigung der in diesem Zusammenhang seit Jahren flächendeckend auftretenden Streitigkeiten nach ihrer Ankündigung vom Herbst 2014 nun durch Vorlage eines Gesetzentwurfs tätig geworden.
Was macht der Gesetzgeber?
Vorgesehen ist dort eine Ergänzung von § 8 des Telemediengesetzes (TMG), der eine Haftungsbeschränkung für sogenannte Access-Provider enthält. Dieses Haftungsprivileg soll nun auch für Diensteanbieter gelten, die Nutzern den Internetzugang über ein drahtloses lokales Netzwerk (W-LAN) zur Verfügung stellen. Geschieht dies geschäftsmäßig, also z. B. im Rahmen eines Hotel- oder Gaststättenbetriebs, müssen »zumutbare Maßnahmen« ergriffen werden, um Missbrauch zu verhindern. Um das W-LAN zu nutzen, müssten sich die Nutzer dann mit einer Kennung anmelden und einwilligen, »im Rahmen der Nutzung keine Rechtsverletzungen zu begehen«. Angestrebt ist eine »Klick-Lösung«, bevor sich der Nutzer im entsprechenden W-LAN anmeldet.
Interessenausgleich durch die Gerichte
Ob das Gesetz in dieser Form zustande kommen wird, ist allerdings derzeit noch unklar. Somit bleibt es weiterhin Aufgabe der Gerichte und der Urheber von Inhalten im Internet, einen Ausgleich der widerstreitenden Interessen zu schaffen.
Die Lage der Hoteliers und Gastronomen
Für Hotel- und Gaststättenbetreiber ist das natürlich unbefriedigend. Wer auf die zunehmende Nachfrage nach kostenfreiem W-LAN reagiert und Gästen die Einwahl in das Hotelnetzwerk ermöglicht, sieht sich weiterhin rechtlichen Problemen und Haftungsrisiken ausgesetzt. Angesichts der einerseits beinahe unüberschaubaren Vielzahl an Urteilen in privaten Abmahnangelegenheiten und andererseits der erstaunlich geringen Zahl an Urteilen zu gewerblichen Haftungsfällen, ist die rechtliche Situation auch von Profis nur schwer einzuschätzen. Doch die Tendenz, die auch vom Gesetzentwurf der Bundesregierung aufgenommen wird, ist positiv:
Positive Tendenz
Eine Haftung des Hotelbetreibers soll nach einem jüngeren Urteil des Landgerichts Frankfurt ausscheiden, wenn er den Nutzern seines W-LAN rechtswidrige Handlungen über das (verschlüsselte) W-LAN untersagt, oder die Nutzung nur zu eingeschränkten Zwecken wie z. B. dem Abruf von E-Mails gewährt. Flankierend hinzu kommt die Privilegierung durch § 8 Telemediengesetz (TMG). Der Bundesgerichtshof macht diese ursprünglich nur auf Internet Service Provider (ISP) angewandte Regelung auch für Anbieter von öffentlichem W-LAN fruchtbar. Eine Haftung als Störer kann demnach für Hoteliers und Gastronomen die als ASP tätig werden, frühestens ab Kenntnis der Rechtsgutverletzung entstehen. Erst dann ist von den Hoteliers zu prüfen, ob sie die von ihren Gästen begangene Rechtsverletzung durch Ergreifen von zumutbaren Prüfungs- und Überwachungspflichten verhindern können. Da Hoteliers und Gastronomen auf den von ihren Gästen im W-LAN des Betriebs verursachten Datenverkehr aber praktisch keinen Einfluss haben (und aus datenschutzrechtlichen Gründen auch gar nicht haben dürfen), scheidet eine Hoteliers-Haftung als Störer weitestgehend aus.
Hilft der EuGH?
Zwischenzeitlich hat sich nun das Landgericht München mit einer Vorlagefrage an den EuGH gewandt und um die Klärung von Fragen zur Haftung beim Betrieb eines gewerblich betriebenen offenen W-LAN gebeten. Der EuGH soll vor allem klären, ob ein z. B. von einem Hotel kostenlos zur Verfügung gestelltes W-LAN von der eben angesprochenen Privilegierung profitiert und ob, bzw. welche Sicherungsmaßnahmen dem Anbieter auferlegt werden können. Bis darüber eine europarechtliche Regelung oder höchstrichterliche Entscheidung vorliegt, wird voraussichtlich noch einige Zeit vergehen. Möglich ist natürlich auch, dass das Gesetzesvorhaben von der Rechtsprechung des EuGH überholt wird. Bis es aber soweit ist, sollten Hotelbetreiber und Gastronomen, die ihren Gästen Zugang zu ihrem W-LAN anbieten, jedenfalls auf die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften ausdrücklich hinweisen.