Die Anwendung der Pauschalreiserichtlinie im Hotelbetrieb
Kaum ist die Datenschutzgrundverordnung in Kraft, folgt auch schon der nächste Streich: ab dem 1. Juli 2018 gilt die Pauschalreiserichtlinie. In Deutschland finden sich die entsprechenden Regelungen dann in den §§ 651a bis 651y BGB.
Schon während des Entstehungsprozesses hat die Novelle sehr viel Unsicherheit im Gastgewerbe verursacht. Hinter den teils ungewohnten Begrifflichkeiten behalten dennoch viele rechtliche Bewertungen ihre Gültigkeit. Die gröbsten Fallstricke für die Hotellerie konnten abgewendet werden; so ist nicht jede Hotelzimmerbuchung gleich ein Fall für das Pauschalreiserecht, es müssen schon wesentliche Faktoren hinzutreten. Einfacher wird das Reiserecht dadurch jedoch nicht.
Wann und wer?
Ab wann gilt das neue Recht und wer ist betroffen: anwendbar ist das neue Recht nur auf Verträge, die nach dem 30. Juni 2018 geschlossen werden, für Altverträge gilt das bisherige Reiserecht, auch wenn die Reiseleistungen erst nach dem 30. Juni 2018 erbracht werden. Betroffen sind alle
- Anbieter von Pauschalreisen (als sogenannte Reiseveranstalter),
- Reisevermittler und
- Vermittler verbundener Reiseleistungen.
Hotels sind auf den ersten Blick also gar nicht betroffen. Sie können jedoch schnell zu Reisveranstaltern oder Vermittlern werden.
Wie wird ein Hotel zum Reiseveranstalter?
Reiseveranstalter wird ein Hotel, wenn es zwei oder mehr der nachfolgenden Arten von Reiseleistungen im Rahmen eines Vertragsschlusses anbietet:
- Beherbergung
- Beförderung von Personen
- Vermietung von vierrädrigen Kraftfahrzeugen und/oder Krafträdern der Führerscheinklasse A
- alle sonstigen touristischen Leistungen
Die Beherbergung wird als Hauptkomponente naturgemäß vom Hotel angeboten. Tritt dann auch nur eine der weiteren Komponenten hinzu, ist das Hotel schon Reiseveranstalter. Schwierigkeiten bereitet hier das sehr schwammige Merkmal der „sonstigen touristischen Leistungen“.
Was ist eine „sonstige touristische Leistung“?
Darunter fallen z.B. Eintrittskarten aller Art, Wanderungen, Führungen, Vermietung von Sportaus-rüstungen, Wellnessleistungen oder auch Kinderbetreuung. Der Anteil dieser Leistung muss
- mindestens 25% des Gesamtwerts der Reiseleistung ausmachen oder ein
- wesentliches Merkmal der Zusammenstellung der Reise darstellen oder
- als wesentliches Merkmal beworben worden sein.
Wenn sie dann auch noch vor Erbringung der anderen Reiseleistung ausgewählt und vereinbart wurde, ist die Reiseveranstaltereigenschaft erfüllt!
Leider sind auch diese Merkmale sehr schwammig und bergen Rechtsunsicherheit. Als wesentliches Merkmal dürfte eine touristische Leistung vereinbart sein, wenn es dem Gast vor allem auf diese Leistung ankommt. Beworben wird eine solche Leistung, wenn von einem Paket, Arrangement gesprochen oder eine vergleichbare Formulierung gewählt wird. Die Wertgrenze von 25% spielt hier keine Rolle! Zahlreiche hoteltypische Serviceleistungen werden als wesensmäßige Bestandteile einer anderen Reiseleistung nicht als eigenständige Reiseleistungen angesehen und führen bei ihrer Erbringung nicht zur Reiseveranstaltereigenschaft. Dazu gehören die klassischen Inklusivleistungen einer Übernachtung wie kleinere Beförderungsdienstleistungen (Gepäckabholung vom Bahnhof), Mahlzeiten (aber nicht Gourmetmenus) im Rahmen von Halb- und Vollpension; Minibargetränke, Zimmerreinigung und der Zugang zu hoteleigenen Spa-/Wellnesseinrichtungen, solange diese keinen ungewöhnlich luxuriösen Charakter haben.
Welche Rolle spielt der Buchungsprozess?
Alles, was vor Abschluss des Vertrags im Baukastensystem zusammengestellt werden kann, führt potentiell zum Abschluss einer Pauschalreise. Dabei macht es keinen Unterschied, auf welchem Weg die Buchung zustande kam. Entscheidend ist, dass am Ende eine Art Warenkorb mit unterschiedlichen Reiseleistungen steht. Bei sogenannten „Click-through-Buchungen“ muss der Reiseveranstalter dem Reisenden ein zugehöriges Formblatt zur Kenntnis geben. Zu beachten ist außerdem, dass sich nicht nur Verbraucher, sondern auch Unternehmer im Rahmen ihrer Geschäftsreisen auf das Pauschalreiserecht berufen können, wenn diese nicht innerhalb eines Rahmenvertrags erfolgen.
Neu: vor- und nachvertragliche Unterrichtungs- und Informationspflichten
Im neuen Reiserecht wird der Unternehmer verpflichtet, den Pauschalreisenden umfassend vor Vertragsschluss zu informieren. Der künftige Gast muss hierzu ein Formblatt erhalten. Ein Hinweis darauf, dass der Reisende vor Reisebeginn gegen Zahlung einer angemessenen Entschädigung oder einer vom Reiseveranstalter verlangten Entschädigungspauschale jederzeit vom Vertrag zurücktreten kann, darf nicht fehlen. Unverzüglich nach Vertragsschluss muss eine Abschrift oder Bestätigung des Vertrags zur Verfügung zu gestellt werden, rechtzeitig vor Reisebeginn müssen die notwendigen Reiseunterlagen übermittelt werden.
Versicherungspflicht bei Zahlungserhalt vor Abreise, Insolvenzabsicherung
Erhält das Hotel Zahlungen auf den Vertrag bereits vor Abreise (dazu zählt strenggenommen auch schon der check-out mit Bezahlung am Vorabend der eigentlichen Abreise, falls diese sehr früh erfolgen muss), ist der Anbieter verpflichtet, einen Reisepreis-Sicherungsschein auszustellen.
Was sind verbundene Reiseleistungen und welche Pflichten sind zu erfüllen?
Verbundene Reiseleistungen liegen vor, wenn das Hotel Verträge mit anderen Unternehmern über andere Reiseleistungen vermittelt, die getrennt, spätestens 24 Stunden nach der Bestätigung des Vertragsschlusses über die erste Reiseleistung geschlossen und bezahlt werden, wobei die oben genannte 25%-Regelung gilt. Erreicht die vermittelte Reiseleistung nicht den Wert von 25% und ist sie auch kein wesentliches Merkmal, bzw. wird nicht als solches beworben, liegt auch keine verbundene Reiseleistung vor. Der Link zu einem ÖPNV-Anbieter im Reisegebiet wird deshalb meist unproblematisch sein, die Verlinkung eines spezialisierten Ticket-Verkaufs hingegen dürfte eine verbundene Reiseleistung darstellen. Dann entsteht eine Informationspflicht darüber, dass keine Pauschalreise vorliegt. Bei Verstoß haftet der Vermittler wie ein Reiseveranstalter.
Und die Folgen?
Die allgemeinen Gewährleistungsrechte bleiben weitgehend unverändert. Liegt eine Pauschalreise vor, haftet der Reiseveranstalter nun aber auch für die Leistungen Dritter, die Haftungsdauer beträgt zwei Jahre. Insofern ist also vor allem ein angepasster Versicherungsschutz zu empfehlen.
WICHTIG:
Der Gesetzgeber stellt eine Reihe von Muster-Formblättern zur Verfügung, mit denen sich jeder Hotelier vertraut machen sollte, da sie unbedingt verwendet werden sollten! Sie finden sich kostenfrei unter anderem hier (im Dokument ab Seite 2409):
Bei weiteren Fragen zum Reiserecht hilft Ihnen jederzeit ein Rechtsanwalt in Köln, Bonn, Duisburg, Rösrath, Berlin, Euskirchen, Erfurt, Bad Kreuznach und Frechen.
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