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Grundzüge des Urlaubsrechts

Herr Rechtsanwalt Fiorello informiert Sie über die Grundzüge des Urlaubsrechts, welches insbesondere durch die Rechtsprechung des EuGH in den letzten Jahren stets im Fokus stand.

1.

Neben der Zahlung der vereinbarten Vergütung ist die Gewährung von Erholungsurlaub eine weitere Kardinalpflicht im Arbeitsverhältnis. Anders als bei der Zahlung der Vergütung – die regelmäßig im Arbeitsvertrag oder in Tarifverträgen konkret vereinbart ist – gestaltet sich die Gewährung von Urlaub deutlich schwieriger. Wer bekommt wieviel  Urlaub und wann sind die häufigsten Fragen, die der nachfolgende Artikel behandelt. Der Artikel kann selbstverständlich keine konkrete Einzelfallberatung ersetzen, sondern dient zur Orientierung.

 a) Wieviel Urlaub erhält ein Arbeitnehmer?

Das Bundesurlaubsgesetz schreibt in § 3 Abs. 1 vor, dass dieser jährlich mindestens 24 Werktage betragen muss. Absatz 2 bestimmt, dass auch der Samstag als Werktag gilt. Das Gesetz geht also von einer sechs-Tages-Woche aus. Arbeitet der Arbeitnehmer regelmäßig an weniger als sechs Tagen pro Woche, ist der Urlaub entsprechend umzurechnen. Bei einer 5-Tage-Woche beträgt der jährliche Anspruch z.B. 20 Arbeitstage. Im Arbeitsvertrag sollte daher die Zahl der regelmäßigen Arbeitstage pro Woche aufgeführt werden.

Nach der gesetzlichen Regelung muss jeder Arbeitnehmer mindestens vier Arbeitswochen im Jahr Urlaub erhalten. Es sind also die regelmäßigen Arbeitstage pro Woche mit der Zahl 4 zu multiplizieren. Abweichungen zugunsten der Arbeitnehmer – etwas aus Tarifverträgen oder dem Arbeitsvertrag selbst – sind natürlich möglich.

b) Ab wann kann ein Arbeitnehmer Urlaub beanspruchen und in welcher Höhe?

Der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers entsteht erst nach einer Wartezeit von sechs Monaten. Während dieser Zeit steht dem Arbeitnehmer grundsätzlich kein Anspruch auf Urlaub zu. Scheidet der Arbeitnehmer jedoch während dieser Wartezeit aus, erfüllt er die Wartezeit in einem Kalenderjahr nicht, z.B. Eintritt am 01.10. oder scheidet er nach erfüllter Wartezeit in der ersten Hälfte eines Kalenderjahres aus so ist ihm für den entsprechenden Zeitraum Teilurlaub zu gewähren.

Der Teilurlaubsanspruch beträgt für jeden vollen Monat ein Zwölftel des Jahresurlaubs. Wird eine Kündigung z.B. zum 27. eines Monats ausgesprochen – etwa im Falle einer fristlosen Kündigung – so erhält der Arbeitnehmer für diesen Monat keine Urlaubstage, es sei denn auch hier finden sich abweichende Regelungen im Arbeits- oder anwendbaren Tarifvertrag.

 Die Wartezeit muss der Arbeitnehmer nur einmal im Arbeitsverhältnis erfüllen, danach steht ihm stets bereits zum Beginn des Jahres der volle Jahresurlaub zu. Scheidet der Arbeitnehmer dann bis zum 30.06. eines Jahres wieder aus, wird der entstandene Jahresurlaub wieder gekürzt auf den bis dahin entstanden Teilurlaub (§ 5 Abs. 1 c BUrlG).  Beispiel: ein Arbeitnehmer ist bereits seit fünf Jahren beschäftigt und kündigt nun zum 30.04. Er hat noch keinen Urlaub für das Urlaubsjahr beansprucht. Da er in der ersten Jahreshälfte ausscheidet, bekommt er nun nur noch den Urlaub, der ihm rechnerisch bis einschließlich April zusteht. Hat er jedoch bereits zu Beginn des Jahres seinen gesamten Jahresurlaub genommen und kündigt dann zum 30.04. kann der Arbeitgeber keine Rückforderungsansprüche geltend machen (§ 5 Abs. 3 BUrlG).  

Dies bedeutet aber auch, dass ein Arbeitnehmer, der erst ab dem 01.07. eines Jahres ausscheidet, seinen vollen Jahresurlaub geltend machen darf.

 Um zu vermeiden, dass ein Arbeitnehmer durch häufigen Jobwechsel doppelt Urlaub erhält, hat der alte Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Bescheinigung über den gewährten oder abgegoltenen Urlaub auszuhändigen (§ 6 Abs. 2 BUrlG).

 Der Urlaub ist vom Arbeitgeber zu gewähren, wobei dieser jedoch die Wünsche der Arbeitnehmer berücksichtigen soll. Hiervon darf der Arbeitgeber nur abweichen, wenn dringende betriebliche Gründe entgegenstehen oder der Urlaubswunsch mit dem eines anderen Arbeitnehmers kollidiert, der schutzwürdiger ist. Dies ist etwa der Fall, wenn ein Arbeitnehmer mit schulpflichtigen Kindern während der Schulferien Urlaub haben möchte und gleichzeitig ein Arbeitnehmer ohne Kinder im gleichen Zeitraum Urlaub haben möchte. In diesem Fall ist der Arbeitnehmer mit den Kindern sozial schutzwürdiger und bevorzugt zu behandeln.

Oft übersehen wird die Vorschrift des § 7 Abs. 2 Satz 2 BUrlG. Hiernach ist der Arbeitgeber verpflichtet, eine gewisse Anzahl an Urlaubstagen zusammenhängend zu gewähren. Tut er dies nicht, gilt der Urlaub als nicht bewilligt und der Arbeitnehmer hat weiterhin den Anspruch auf Teilurlaub. Es ist also nicht zulässig, dem Arbeitnehmer stets nur Urlaubshäppchen von wenigen Tagen über das Jahr verteilt zu geben. Mindens die Hälfte des Jahresurlaubs muss zusammenhängend bewilligt werden, sofern der Arbeitnehmer mehr als zwölf Urlaubstage erhält. Bei der sechs-Tages-Woche, von der das Gesetz immer ausgeht, sind also zwölf Tage zusammenhängend zu bewilligen. Bei einer fünf-Tages-Woche entsprechend nur zehn Tage.

c) Wann verfällt der Urlaubsanspruch?

Urlaub ist grundsätzlich bis zum 31.12. eines Jahres zu nehmen. Verweigert ein Arbeitgeber dies, so ist der Arbeitnehmer berechtigt, diesen notfalls per einstweiliger Verfügung gerichtlich durchzusetzen. Auf keinen Fall aber darf sich der Arbeitnehmer selbst beurlauben. Dies berechtigt regelmäßig zur fristlosen Kündigung. Ausnahmsweise kann der Vorjahresurlaub bis zum 31.03. des Folgejahres noch genommen werden (§ 7 Abs. 3 BUrlG), wenn dies aus betrieblichen Gründen vorher nicht möglich war. Kann auch bis dahin der Urlaub nicht vollständig gewährt werden, so verfällt er. Eine Auszahlung (sogenannte Abgeltung) gibt es im laufenden Arbeitsverhältnis nicht.

Eine Abgeltung kommt nur in Frage, wenn das Arbeitsverhältnis endete und noch offene Urlaubsansprüche vorhanden sind. Tipp: Als Arbeitgeber sollten sie bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses stets überlegen, ob Sie einen Arbeitnehmer nicht unter Anrechnung von Urlaubstagen bis zur Beendigung von der Arbeit freistellen, um so eine u.U. teure Abgeltung zu vermeiden.

Ist ein Arbeitnehmer jedoch erkrankt und deswegen gehindert seinen Urlaub zu nehmen (§ 9 BUrlG), so verfällt der Urlaub selbst dann nicht, wenn die Erkrankung über den 31.03. des Folgejahres hinaus anhält. Der EuGH hat in den wegweisenden Entscheidungen „Schultze-Hoff“ und „KHS“ betont, dass einem dauerhaft erkrankten Arbeitnehmer ein Übertagungszeitraum von 15 Monaten zu gewähren ist, statt der drei, die das BUrlG in § 7 Abs. 3 vorsieht.  Dies bedeutet, dass ein Arbeitnehmer, der etwa im Jahr 2012 keinen Urlaub wegen Krankheit nehmen konnte, noch bis zum 31.03.2014 Zeit hat, dies zu tun. Erst dann verfällt er, selbst wenn der Arbeitnehmer bis dahin nicht wieder genesen ist.

2. Fazit:

In praktischer Hinsicht ist das Urlaubsrecht ein nicht zu unterschätzendes Rechtsgebiet, das viele Fallstricke sowohl für Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber bietet. Hier ist eine versierte Beratung schon bei der Gestaltung von Arbeitsverträgen notwendig. Fehler in diesem Bereich können einerseits zu Anspruchsverlusten auf Arbeitnehmerseite oder zu unnötigen und zum Teil teuren Ausgaben auf Seite der Arbeitgeber führen.

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