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Nachbarrecht: BGH-Urteil zur Berechnung der Überbaurente

Der Bundesgerichtshof hat im Urteil vom 12.10.2018 den Leitsatz aufgestellt, dass die sogenannte Überbaurente nicht nach Art und Ausmaß der Einbuße der tatsächlichen Nutzung des überbauten Grundstücksteils, sondern allein auf der Grundlage von dessen Verkehrswert im Zeitpunkt der Grenzüberschreitung zu berechnen ist.

Zum Sachverhalt:

Die streitenden Nachbarn sind Eigentümer direkt aneinander angrenzender Grundstücke in Süddeutschland, auf denen sie etwa zeitgleich größere Gebäude errichteten. Im November 2013 wurde die Bodenplatte auf der Ebene des zweiten Untergeschosses für das Gebäude auf dem Grundstück des beklagten Nachbarn hergestellt. Dieses überschritt auf einer Länge von 48,5 m die Grenze zum Grundstück des klagenden Nachbarn um 30 cm, insgesamt lag also im Umfang von 14,55 m² ein sogenannter Überbau vor. Ungeachtet dessen konnte das Gebäude des klagenden Nachbarn planmäßig fertiggestellt werden. Der klagende Nachbar verlangte vom beklagten Nachbarn in der Folgezeit die Zahlung einer jährlichen Überbaurente in Höhe von 605,77 €.

Hierbei hat er folgende Berechnung vorgenommen:

Überbaute Fläche: 14,55 m² multipliziert mit 810 € pro qm Bodenwert im Zeitpunkt der Grenzüberschreitung multipliziert mit 5,14 % Liegenschaftszins = 605,77 €.

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Überbaurente dem Grunde nach und auch in dieser Höhe gerechtfertigt ist.

Entscheidungsgründe des Bundesgerichtshofes:

Zunächst hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass der klagende Nachbar den in sein Grundstück hineinreichenden Teil der Bodenplatte des auf dem Grundstück des beklagten Nachbarn befindlichen Gebäudes zu dulden hat, weil es sich hierbei um einen unrechtmäßig erstellten, aber entschuldigten Überbau handelt.

Darüber hinaus ist angemerkt worden, dass der durch den entschuldigten Überbau ausgelöste Anspruch auf Zahlung einer Überbaurente nicht deshalb ausscheidet, weil der Überbau den klagenden Nachbarn in der Nutzung seines Grundstückes im Zeitpunkt der Grenzüberschreitung nicht beeinträchtigt hat.

Die Geldrente, durch die der Nachbar zu entschädigen ist, wird deshalb gewährt, weil er den Überbau zu dulden hat, sich also die Entziehung des Gebrauchs und der Nutzung an dem überbauten Teil seines Grundstückes gefallen lassen muss.

Es handelt sich daher um einen reinen Wertausgleichsanspruch und nicht um einen Schadensersatzanspruch.

Die Überbaurente ist der Höhe nach jedoch nicht nach Art und Ausmaß der Einbuße bei der tatsächlichen Nutzung des überbauten Grundstücksteils, sondern allein auf der Grundlage von dessen Verkehrswert im Zeitpunkt der Grenzüberschreitung zu berechnen.

Insoweit ist der Bundesgerichtshof der Argumentation der Vorinstanz entgegengetreten, wonach durch einen Abschlag von der Überbaurente zu berücksichtigen sei, dass durch den Überbau nicht jegliche Nutzungsmöglichkeit an der von der Grenzüberschreitung betroffenen Grundstücksfläche ausgeschlossen worden sei.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist -bezogen auf den Zeitpunkt der Überschreitung der Grundstücksgrenze- der nach Maßgabe der Wertermittlungsverordnung zu ermittelnde Verkehrswert der überbauten Bodenfläche die allein maßgebliche Grundlage für die Bemessung der Überbaurente.

Auf die relative Geringfügigkeit der Grenzüberschreitung im Umfang von 14,55 m² kam es nach Auffassung des Bundesgerichtshofes nicht an.

Auch eine geringfügige Grenzüberschreitung rechtfertigt die Zahlung einer Überbaurente, allerdings kann diese dann im Einzelfall sehr klein ausfallen (z.B: nur 75 DM jährlich gemäß Urteil des BGH vom 21.01.1983).

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