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Steuerliche Abzugsfähigkeit von Prozesskosten

Prozesskosten sind nach neuer Rechtsprechung des Bundesfinanzhof zu den außergewöhnlichen Belastungen gemäß § 33 EStG unter bestimmten Voraussetzungen berücksichtigungsfähig.

Hinsichtlich der Kosten eines Rechtsstreits gilt: „Wer verliert zahlt“.

Dies betrifft die Gerichts- und Sachverständigenkosten wie auch die Kosten des eigenen und des gegnerischen Rechtsanwalts.

Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt in arbeitsgerichtlichen Verfahren I. Instanz: Hier zahlt jede Partei ihre Rechtsanwaltskosten selbst; die Gerichtskosten trägt die unterliegende Partei. Wird das Verfahren in der II. Instanz vor dem Landesarbeitsgericht fortgesetzt, werden die Kosten – auch die Rechtsanwaltskosten – nach Obsiegen/Unterliegen verteilt.

Sofern eine Rechtsschutzversicherung nicht eintritt, kann die Prozessführung mit einem erheblichen Kostenrisiko verbunden sein. Es ist daher immer wieder argumentiert worden, dass es sich bei diesen Kosten um außergewöhnliche Belastungen i.S.d. § 33 EStG handelt, die steuermindernd zu berücksichtigen seien.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat dies bisher stets - bis auf einen eng begrenzten Ausnahmefall - abgelehnt. So sollten nach langjähriger Rechtsprechung Prozesskosten nur dann gemäß § 33 EStG berücksichtigungsfähig sein, wenn der Steuerpflichtige ohne die Prozessführung Gefahr laufe, die Existenzgrundlage zu verlieren.

Diese Rechtsprechung hat der BFH ausdrücklich aufgegeben (s. BFH 12.05.2011 VI R 42/10). Prozesskosten sind nach neuer Rechtsprechung der außergewöhnlichen Belastungen gem. § 33 EStG berücksichtigungsfähig, wenn:

1. die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint;

Die durch den BFH gewählte Formulierung entspricht den gesetzlichen Anforderungen an die Gewährung von Prozesskostenhilfe (§ 114 ff. ZPO), so dass zu ihrer Auslegung auf die hierzu entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden kann.

Voraussetzung der Geltendmachung ist also vor Beginn des Verfahrens zu dokumentieren, dass aufgrund der zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Tatsachen ein erfolgreicher Prozessausgang mindestens ebenso wahrscheinlich ist, wie ein Misserfolg.

2. keine Kostenerstattung durch eine Rechtschutzversicherung erfolgt;

3. die geltend gemachten Kosten den notwendigen und angemessenen Umfang nicht übersteigen.

Gerichts- und Sachverständigenkosten sowie Rechtsanwaltsgebühren entsprechend gerichtlichem Kostenfestsetzungsbeschluss dürften daher unproblematisch sein.

Ebenso steht aber damit auch fest, dass eine Berücksichtigungsfähigkeit nach gewonnenen Verfahren ausgeschlossen sein dürfte soweit in diesem Fall ein Kostenerstattungsanspruch gegenüber dem Prozessgegner besteht.

Der Fall, dass dieser Kostenerstattungsanspruch beim Gegner – etwa wegen dessen Vermögenslosigkeit – nicht durchgesetzt werden kann und der Steuerpflichtige daher trotz gewonnenen Prozess auf den „Kosten sitzen bleibt“ ist noch nicht entschieden. Bei entsprechendem Nachweis der Vermögenslosigkeit des Erstattungsverpflichteten dürften die Kosten jedoch zu berücksichtigen sein.

Problematisch sind allerdings Vergütungen aufgrund von Honorarvereinbarungen (Stundensatzvereinbarungen, wie sie insbesondere im Strafrecht aber auch in finanzgerichtlichen Verfahren üblich sind). Ausgeschlossen ist ihre Berücksichtigung nicht, jedoch bedarf es des besonderen Nachweises der Angemessenheit und Notwendigkeit. Gleiches dürfte auch für Kosten mit außergerichtlichen Verfahrensteilen (steuerliche Einspruchsverfahren, außergerichtliche Mahnverfahren) gelten.

Die Entscheidung des BFH betraf einen Zivilprozess. Äußerungen der Verfahrensbeteiligten lassen jedoch den Schluss zu, dass diese geänderte Rechtsprechung auch für andere Verfahrenswege (Verwaltungsgerichte, Finanzgerichte) gelten soll.

Ob diese geänderte Rechtsprechung auch auf die Verfahrenskosten – verurteilter – Straftäter anzuwenden sein wird, erscheint dagegen offen.

Wichtig ist, dass die Kosten in dem Jahr anzusetzen sind, in dem sie tatsächlich entstanden sind (gezahlte Kostenrechnung) und nicht erst zu einem späteren Zeitpunkt – etwa nach Abschluss des Verfahrens. Dies ergibt sich aus § 11 Abs. 2 EStG, dem sogenannten Abflussprinzip.

Eine Kostenerstattung nach gewonnenem Verfahren führt zu einer nachträglichen Änderung des Bescheides, § 175 AO.  Hierzu bedarf es natürlich der Mitteilung an das Finanzamt.

Die Finanzverwaltung hat für eine „Übergangszeit“ einen sogenannten Nichtanwendungserlass verfügt (BMF-Schreiben vom 20.12.2011).

Die Berücksichtigung der Kosten ist daher ggfls. durch Einspruch nach Klageverfahren durchzusetzen. 

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