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Medizinisches Cannabis - Erstattung durch die GKV

Mit der Verabschiedung des „Cannabis-Gesetzes“ können Ärzte ab dem 10. März 2017 Cannabisblüten und

Cannabisextrakte auf einem BtM-Rezept für schwerkranke Patienten verordnen. Eine bei der Bundesopiumstelle des BfArMs einzuholende Ausnahmeerlaubnis nach § 3 Abs. 2 BtMG zum Erwerb standardisierter Cannabisextraktzubereitung oder Medizinal-Cannabisblüten zur Anwendung im Rahmen einer ärztlich begleiteten Selbsttherapie ist daher nicht weiter Voraussetzung. Die Patienten konnten nach der Rechtslage bis März 2017 keine Erstattung der Kosten für die Therapie mit Cannabis basierten Arzneimitteln verlangen.

Die meisten Cannabis-basierten Medikamente haben auch heute noch keine arzneimittelrechtliche Zulassung. Aus diesem Grunde sollte, wie bei jeder Off-Label-Verordnung, vor der Verordnung ein Antrag auf Kostenübernahme bei der gesetzlichen Krankenkasse gestellt werden und die Bescheidung der Krankenkasse abgewartet werden. Die gesetzliche Krankenkasse erteilt nach § 31 Absatz 6 SGB V die Genehmigung zur Therapie mit Cannabis-Arzneimitteln, sofern die Voraussetzungen der Verordnung vorliegen. Sie darf nur in begründeten Ausnahmefällen durch die gesetzliche Krankenkasse versagt werden.

Wer kann Cannabis-Arzneimittel verordnet bekommen?

Mit der Verabschiedung des „Cannabis-Gesetzes“ soll es den schwerkranken Patienten möglich sein, Cannabis-Arzneimittel in standardisierter und kontrollierter Qualität nach Verordnung auf einem BtM-Rezept über die Apotheke zu beziehen. Unter welchen Voraussetzungen Cannabis-Arzneimittel verordnet werden kann, ist in § 31 Absatz 6 SGB V geregelt. Bei der Formulierung des Gesetzes wurde ausdrücklich darauf verzichtet, einzelne Indikationen aufzuführen. § 31 Absatz 6 SGB V lautet wie folgt: „Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung haben Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon, wenn

1. eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung

a) nicht zur Verfügung steht oder

b) im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärztin oder des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann,

2. eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht. [...]

Der Patient muss daher schulmedizinisch „austherapiert“ sein, wobei auch schon zu erwartende Unverträglichkeiten und Nebenwirkungen unter Berücksichtigung des Gesundheitszustandes des Patienten im Einzelfall ausreichen. Weiter muss der behandelnde Arzt zu der Überzeugung gelangen, dass durch den Einsatz des Cannabis- Arzneimittels ein spürbar positiver Einfluss auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome nicht ausgeschlossen ist. Angesichts der Tatsache, dass auf eine Aufzählung von Indikationen verzichtet wurde, wird deutlich, dass eine Vielzahl von Indikationen möglich ist. Beispielsweise soll hier die Anwendung im Bereich der Schmerztherapie, Appetitlosigkeit und /oder Übelkeit bei Krebspatienten oder Erkrankungen wie etwa Multipler Sklerose genannt werden.

Was ist bei der Verordnung zu beachten?

Wie bereits angemerkt ist unbedingt vor Behandlungsbeginn eine Genehmigung der gesetzlichen Krankenkasse einzuholen. Diese darf nur in begründeten Ausnahmefällen versagt werden und soll, auch bei Einschaltung des MDKs, binnen drei bis fünf Wochen beschieden werden. Sofern eine Verordnung durch eine spezialisierte ambulante Palliativversorgung nach § 37 b SGB V erfolgt, verkürzt sich diese Frist auf drei Tage. Mit der Genehmigung durch die gesetzliche Krankenkasse nach § 31 Absatz 6 SGB V ist die Teilnahme an der Begleiterhebung über 60 Monate beim BfArM verpflichtend. Ab diesem Zeitpunkt sind die Daten durch den Behandler an das BfArM zu übermitteln. Der Datenumfang ergibt sich aus § 1 der CanBV. Weitere Untersuchungen seitens des BfArMs erfolgen nicht, da sich die Daten aus der entsprechenden Patientenakte ergeben. Diese Verpflichtung ist damit begründet, dass es für die Cannabis-Arzneimittel keine Studien auf den für die Zulassung eines Arzneimittels geforderten Evidenzniveaus gibt.

Die Daten der Diagnose, Therapie, Dosis, Wirkung und Nebenwirkungen etc. werden anonymisiert an das BfArM weitergeleitet und dort im Rahmen einer Beobachtungsstudie zusammengetragen. Der Studienbericht soll dann nach fünf Jahren gefasst werden und dem G-BA als Grundlage für die weitere Entscheidung über künftige Kassenleistungen dienen. Bei privat versicherten Patienten müssen und werden die Daten nicht übermittelt werden. Bei der Verordnung an sich muss Folgendes beachtet werden: Cannabisblüten, -extrakt und andere Cannabisarzneimittel müssen auf einem BtM-Rezept verordnet werden. Dabei sind die üblichen arzneimittel- und betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften gemäß § 9 BtMVV zu beachten. Die Verordnung muss eindeutig sein. Unklare Verschreibungen darf die Apotheke nicht beliefern. Das BtM-Rezept ist wie üblich ab Ausstellungsdatum sieben Tage gültig. Die Angabe „Cannabis“ oder „Cannabis flos“ auf dem BtM-Rezept stellt noch keine eindeutige Verordnung dar. Der Arzt muss eine bestimmte Sorte oder die gewünschten Gehalte an THC und Cannabidiol angeben. Auch wenn die Dosierung individuell erfolgt, muss eine detaillierte Gebrauchsanweisung mit den entsprechenden Einzel- und Tagesdosen angegeben werden sowie die verordnete Gesamtmenge.

Die absolute Höchstmenge ergibt sich aus § 2 Abs. 1 a) Nr. 2 a) und 2 b) BtMVV. Sie beträgt für Cannabisextrakt 1.000 mg bezogen auf den THC-Gehalt für einen Verordnungszeitraum von maximal 30 Tagen. Bei den Blüten beträgt der Maximalwert 100.000 mg binnen 30 Tagen, unabhängig vom Gehalt einzelner Cannabinoide. In begründeten Einzelfällen darf mehr verordnet werden. Dies ist dann wie bei anderen BtM mit «A» auf dem BtM-Rezept zu kennzeichnen. Um die Verschreibung für Ärzte und Apotheker zu vereinfachen, stellt die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) auf ihrer Homepage Musterverordnungen für Rezepturzubereitungen mit Cannabisblüten, Cannabisextrakt und Cannabinoiden zur Verfügung. Die Gebrauchsanweisung kann durch den Arzt dann (auch) durch die Verordnung einer bestimmten NRF-Nummer bestimmt werden. Die Gebrauchsanweisung muss auch auf dem Abgabebehältnis von Rezepturarzneimitteln durch die Apotheke angegeben werden.

Änderungen im BtMG

Mit der Änderung des § 31 Absatz 6 SGB V musste natürlich auch das BtMG geändert werden. Denn in § 29 BtMG heißt es: „Mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer (...) Betäubungsmittel ohne Erlaubnis nach § 3 Absatz 1 Nr. 1 anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt, oder sich in sonstiger Weise verschafft [...]“

Aus diesem Grunde wurde nun geregelt, dass der Anbau von Cannabis unter der Kontrolle des BfArM erfolgt und dieses eine Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 BtMG an Unternehmen erteilen kann, die den Auftrag zum Anbau von Cannabis erhalten. Das BfArM hat hierzu eine staatliche Stelle geschaffen, die sogenannte Cannabis- Agentur. Natürlich gibt es in Deutschland noch lange keine ausreichenden Ernten, um den Bedarf annähernd zu decken. Bis verwertbare und ausreichende Ernten in Deutschland erfolgen, wird weiterhin Importware bezogen. Bevorzugt wird Cannabis aus den Niederlanden und Kanada importiert. Dies sind auch die Länder, aus denen Cannabis bisher primär aufgrund der betäubungsmittelrechtlichen Ausnahmegenehmigung bezogen wurde. Die Cannabis-Agentur vergibt die Aufträge für den Anbau von Cannabis aufgrund eines Ausschreibungsverfahrens. Nach der Ernte wird diese durch die Cannabis-Agentur in Besitz genommen.

Die Cannabis-Agentur trägt die Sorge dafür, dass ausschließlich Cannabis mit pharmazeutischer Qualität freigegeben wird. Auch der Preis wird, unter Berücksichtigung der entstandenen Kosten, durch die Cannabis-Agentur festgelegt und sie verkauft die Ernte, ohne Gewinn, an legale Vertriebskanäle wie beispielsweise Arzneimittelhersteller, Großhändler und Apotheken. Die Cannabis-Agentur stellt daher sicher, dass die Patienten ausschließlich Cannabis-Arzneimittel mit pharmazeutischer Qualität erhalten. Aus diesem Grunde bleibt es auch bei dem Verbot des Eigenanbaus, auch zu medizinischen Zwecken. Aufgrund dieser Änderungen musste auch die Anlage II des BtMG geändert werden. Hier wurde Cannabis aus den „verkehrsfähigen, aber nicht verschreibungsfähigen BtM“ gestrichen. Cannabis wurde in die Anlage III BtMG aufgenommen unter verkehrsfähige und verschreibungsfähige BtM. Die exakte Formulierung lautet nun: „Cannabis – nur aus einem Anbau, der zu medizinischen Zwecken unter staatlicher Kontrolle gemäß den Artikeln 23 und 28 Abs. 1 des Einheits-Übereinkommens über Suchtstoffe von 1961 erfolgt, sowie in Zubereitungen, die als Fertigarzneimittel zugelassen sind.“

Zusammenfassung

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass die Einschätzung, ob die Voraussetzungen des neu gefassten § 31 Absatz 6 SGB V bestehen, nun dem behandelnden Arzt obliegt. Diese Entscheidung wird durch die Krankenkasse kontrolliert, da diese die Verordnung genehmigen muss, wobei diese nur in begründeten Ausnahmefällen versagt werden darf. Nach Erteilung der Genehmigung werden die Daten anonymisiert an das BfArM weitergeleitet, wo diese im Rahmen einer nicht-interventionellen Begleiterhebung erhoben und nach fünf Jahren zu einem Studienbericht zusammengeschrieben werden, welcher dem G-BA zur Entscheidung über künftige Kassenleistungen dienen soll. Bei der Verordnung sind die bestehenden gesetzlichen Regelungen der BtM-Rezepte sowie die Spezifizierung der Verordnung zu beachten. Auf dem Rezept müssen Tages- und Einzeldosen bestimmt sein.

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