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Werbung in der Naturheilkunde – Einblick in das Heilmittelwerbegesetz

Sowohl Ärzte als auch Heilpraktiker gehören zu den freien Berufen. Dies bringt neben Vorteilen jedoch auch Einschränkungen im Bereich der werbenden Maßnahmen – auf der einen Seite stehen der berufliche Ethos und das Standesrecht, auf der anderen Seite die Notwendigkeit wirtschaftlich zu arbeiten und Gewinne zu erzielen. Dass für diese Berufsgruppe erhöhte Anforderungen an die Voraussetzungen der Art und Weise der Werbung gestellt werden, verdeutlicht das Heilmittelwerbegesetz (HWG). Mit der rechtssicheren Bewältigung dieses „Drahtseilaktes“ befasst sich der aktuelle Beitrag.

Regelungsbereich des HWG

In § 1 HWG wird der Anwendungsbereich des HWG definiert, wobei der Begriff des Heilmittels als Oberbegriff verwendet wird. Hiernach findet das HWG Anwendung auf die Werbung für Arzneimittel, medizinische Produkte sowie sonstige Mittel, Verfahren, Behandlungen und Gegenstände, soweit sich die Werbeaussage auf die Erkennung, Beseitigung oder Linderung von Krankheiten bezieht. Natürlich sind auch die Vorschriften nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zu berücksichtigen, dieser Beitrag beschränkt sich jedoch auf die Vorschriften des HWG. Weiter ist das HWG zwischen der Werbung in Fachkreisen und der sogenannten Publikumswerbung zu unterscheiden. Der Personenkreis der Fachkreise ist in § 2 HWG geregelt. Hiernach gehören die Angehörigen von Heilberufen oder des Heilgewerbes, Einrichtungen, die der Gesundheit von Menschen oder Tier dienen, oder sonstigen Personen, soweit sie mit Arzneimitteln, Medizinprodukten, Verfahren, Behandlungen, Gegenständen oder anderen Mitteln erlaubterweise Handel treiben oder sie in Ausübung ihres Berufes anwenden. Der Fokus dieses Beitrages soll auf die Publikumswerbung gelegt werden. In diesem Bereich bestehen hohe Risiken wie beispielsweise zivilrechtliche Abmahnungen oder behördliche Maßregelungen in Form von Bußgeldern etc.

Die wesentlichen Vorgaben für die Publikumswerbung sind in § 11 HWG geregelt. Dieser regelt die Vorgaben, unter welchen für Arzneimittel und Behandlungsverfahren im Bereich des Heilwesens geworben werden darf und welche Art der Werbung untersagt ist. Es stellt sich zunächst die Frage: Was ist Werbung im Sinne des HWG? Der Werbebegriff des HWG ist weit gefasst. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung reicht es bereits aus, dass die betreffende Maßnahme neben anderen Zwecken auch auf den Absatz eines oder mehrerer bestimmter Arzneimittel gerichtet ist.

Bereits die Nennung eines Arzneimittels kann hierfür ausreichen, da dies bereits eine für die Absatzförderung geeignete Maßnahme darstellt. Daher ist Vorsicht geboten. Auf Lebensmittel und reine Nahrungsergänzungsmittel ist das HWG indes nicht anwendbar. Eine Abgrenzung kann im Einzelfall jedoch schwierig sein. Und es kommt immer auf den Einzelfall an. Dies ist anhand des Beispiels von Bachblüten leicht zu erläutern. Diese werden als Lebensmittel eingestuft und sind daher an den Voraussetzungen der Health-Claims-Verordnung zu messen.

Nun ist es Ärzten und Heilpraktikern nach § 13 Abs. 2 b Arzneimittelgesetz gestattet, Arzneimittel zum Zwecke der persönlichen Anwendung bei einem Patienten selbst herzustellen. Sofern dieses hergestellte Mittel nun optisch den Anschein erweckt, ein Arzneimittel zu sein, kann ein sogenanntes Präsentationsarzneimittel vorliegen, wenn auch die Zweckbestimmung einen konkreten medizinischen Anwendungsbereich und einen therapeutischen Erfolg in Aussicht stellt. In diesem Falle ist das HWG anwendbar. Ein weiteres Beispiel soll verdeutlichen, wie sehr es auf die Bewertung im Einzelfall ankommen kann.

So wirbt der Hersteller eines Shampoos einmal damit, das Shampoo könne Haarausfall behandeln und einmal lediglich mit der dekorativen Wirkung des Shampoos. Im ersteren Fall ist das HWG anwendbar, im zweiten Fall nicht.

Einschränkungen und Verbote

Im Einzelnen sind folgende Werbemaßnahmen nach § 11 Abs. HWG verboten:*

Nr. 2: Werbung mit Angaben oder Darstellungen, die sich auf Empfehlungen von Wissenschaftlern, von im Gesundheitswesen tätigen Personen, von im Bereich der Tiergesundheit tätigen Personen oder anderen Personen, die aufgrund ihrer Bekanntheit zum Arzneimittelverbrauch anregen können, beziehen. Hier sind bereits Hinweise oder Andeutungen eingeschlossen. Sie sollten auf die Bezugnahme auf Empfehlungen Dritter verzichten.

Nr. 3: Werbung mit Krankengeschichten sowie mit Hinweisen darauf, wenn diese in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise erfolgt oder durch eine ausführliche Beschreibung oder Darstellung zu einer falschen Selbstdiagnose verleiten kann. Es sollen keine Fehlvorstellungen der Wirksamkeit des Heilmittels geweckt werden und keine Verleitung zur falschen Selbstdiagnose aufgrund der vermeintlichen Vergleichbarkeit der Symptome.

Nr. 5: Werbung mit einer bildlichen Darstellung, die in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise Veränderungen des menschlichen Körpers aufgrund von Krankheiten oder Schädigungen oder die Wirkung eines Arzneimittels im menschlichen Körper oder in Körperteilen verwendet. Die bildlichen Darstellungen können beim Patienten leicht Fehlvorstellungen hervorrufen und somit eine unzulässige Täuschung darstellen. Aus diesem Grunde sollte hierauf verzichtet werden.

Nr. 7: Werbung mit Werbeaussagen, die nahelegen, dass die Gesundheit durch die Nichtverwendung des Arzneimittels beeinträchtigt  oder sogar durch die Verwendung verbessert werden könnte.

Vorab: Ein umfassendes Werbeverbot kann hier nicht gemeint sein. Vielmehr sollen bei den Patienten keine Ängste im Rahmen der Publikumswerbung geweckt werden, die dann zum Zwecke der Umsatzsteigerung ausgenutzt werden.

Nr. 8: Werbung durch Werbevorträge, mit denen ein Feilbieten oder eine Entgegennahme von Anschriften verbunden ist. Sie dürfen weder vor, noch während oder nach einem Vortrag solche Waren verkaufen, die Ihren Vortrag betreffen. Auch dürfen Sie die Anschriften nicht nutzen, um anschließend Ihre Waren zu verkaufen. Dies gilt auch für Vorträge, die online gehalten werden.

Nr. 9: Werbung mit Veröffentlichungen, deren Werbezweck missverständlich oder nicht deutlich erkennbar ist. Hier müssen Sie zwischen subjektiver Werbung und objektiven Informationen differenzieren, wobei die Abgrenzung schwierig sein kann. Sofern Ihnen die Quelle nicht bekannt ist, sollten Sie die Angabe sicherheitshalber als Werbung kennzeichnen und diese an den Maßstäben des HWG messen. Es ist möglich, dass die Darstellungen scheinbar objektive Informationen beinhalten, jedoch tatsächlich viel zu unkritisch gefasst sind und zu positive Aussagen beinhalten, die nicht belegt sind. Daher ist hier zur Vorsicht geraten. Die Quellen sollten wohlbekannt und hinreichend überprüft sein, da ansonsten schnell eine Abmahnung droht.

Nr. 11: Werbung mit Äußerungen Dritter, insbesondere mit Dank-, Anerkennungs- oder Empfehlungsschreiben, oder mit Hinweisen auf solche Äußerungen, wenn diese in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise erfolgen. Hierunter fallen auch elektronische Schreiben. Sie sollten daher, sofern Ihre Homepage diese Funktion zulässt, die Schreiben in Blogs, Gästebüchern etc. auf Ausführungen, die nach Ihrer Einschätzung in zu übertriebener Art und Weise einen Erfolg anpreisen, der eine Irreführung eines Laienempfängers zur Folge haben kann und auf den Absatz von Heilmitteln gerichtet ist, überprüfen. Diese sollten vorsichtshalber entfernt werden. Sofern die Darlegung eines Dritten auf Ihrer Homepage keine Absicht zur Förderung eigener oder fremder Mittel zum Nachteil eines Mitbewerbers betrifft, ist diese zulässig. In diesem Falle handelt es sich um einen reinen Erfahrungsbericht, der nicht unter die Regelungen des HWG fällt.

Nr. 12: Werbung mit Werbemaßnahmen, die sich ausschließlich oder überwiegend an Kinder unter 14 Jahren richten. Diese Zielgruppe ist durch Werbung wesentlich leichter zu einem bestimmten Handeln zu beeinflussen. Daher gebietet der Jugendschutz dieses Verbot.

Nr. 13: Werbung mit Preisausschreiben, Verlosungen oder anderen Verfahren, deren Ergebnis vom Zufall abhängig ist, sofern diese Maßnahmen oder Verfahren einer unzweckmäßigen oder übermäßigen Verwendung von Arzneimitteln Vorschub leisten. Um dies vorab klarzustellen: Die Verlosung eines Arzneimittels ist in jedem Falle unzulässig, da dies immer einer unzweckmäßigen oder übermäßigen Verwendung von Arzneimitteln Vorschub leistet. Daher kommt nur die Verlosung von Nicht-Arzneimitteln in Betracht, wobei diesbezüglich § 7 HWG zu beachten ist, da es sich bei Gewinnen auch um kostenlose Werbegaben handelt. Diese dürfen nur einen geringen Wert haben und sie müssen durch eine dauerhafte, deutlich sichtbare Kennzeichnung des Werbenden oder des beworbenen Produktes gekennzeichnet sein.

Nr. 14: Werbung durch die Abgabe von Arzneimitteln, deren Muster oder Proben oder durch Gutscheine dafür.

Nr. 15: Werbung durch die nicht verlangte Abgabe von Mustern oder Proben von anderen Mitteln oder Gegenständen oder durch Gutscheine dafür. Dies betrifft jede Art von nicht verlangter Abgabe, auch Nicht-Arzneimittel. Diesbezüglich ist auch § 7 HWG zu beachten.


Das absolute Werbeverbot

In § 12 HWG ist ein absolutes Werbeverbot geregelt. Ihre Werbung darf sich außerhalb des Fachkreises daher nicht auf die Erkennung, Beseitigung oder Linderung folgender Krankheiten beziehen:

  1. Nach dem Infektionsschutzgesetz vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S.1045) meldepflichtige Krankheiten oder durch meldepflichtige Krankheitserreger verursachte Infektionen
  2. bösartige Neubildungen
  3. Suchtkrankheiten (ausgenommen Nikotinabhängigkeit)
  4. krankhafte Komplikationen der Schwangerschaft, der Entbindung und des Wochenbett


Fazit

Sie sollten jede Art der Kommunikation im Rahmen Ihrer Berufsausübung gegenüber Ihren Patienten an den Voraussetzungen des HWG messen. Ganz besonders ist das HWG bei Anzeigen, Flyern und anderen Arten der Werbung zu beachten; jedoch auch bei der Gestaltung von Praxisschildern, Briefbögen, Visitenkarten, der Homepage sowie Auftritten in sozialen Netzwerken, die Sie geschaltet haben. Ein Verstoß gegen die Richtlinien des Heilmittelwerbegesetzes zieht, sofern er entdeckt wird, in der Regel eine kostenpflichtige Abmahnung nach sich. Hierbei entstehen bereits bei Erstabmahnung Kosten, sodass keine Möglichkeit bleibt, den Verstoß zunächst straffrei zu korrigieren. Ärzte und Heilpraktiker, die in irgendeiner Form werbend tätig sind, sollten sich entsprechend mit den Regeln des Heilmittelwerbegesetzes vertraut machen und im Zweifelsfall besser vorsichtig agieren, statt eine Abmahnung zu riskieren. Die hier beschriebenen Aspekte des HWG gelten, wie eingangs erwähnt, für die sogenannte Publikumswerbung, nicht zwangsläufig für Werbung in Fachkreisen.

Generell gilt: Das Heilmittelwerbegesetz dient dem Schutz des einzelnen Patienten und der Allgemeinheit, die durch unsachgemäße Werbung zu Fehlentscheidungen beim Arzneimittelgebrauch, der Nutzung von medizinischen Produkten sowie sonstigen Mitteln, Verfahren, Behandlungen und Gegenständen, verleitet werden können.

* Die Nummerierung richtet sich nach der des Gesetzes. Nicht berücksichtigte Ziffern
wurden seitens des Gesetzgebers gestrichen.


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