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Ein Mann packt Sachen nach der Kündigung des Geschäftsführers

Kündigung des Geschäftsführers einer GmbH: Welche Schritte sind zu beachten?

Das Ausscheiden des Geschäftsführers aus der GmbH ist komplex, da GmbH-Geschäftsführer eine doppelte rechtliche Position als Organ der GmbH sowie als Dienstvertragspartei besitzen. Die Kündigung eines GmbH-Geschäftsführers lässt sich daher nicht mit der Kündigung eines gewöhnlichen Angestellten vergleichen und sollte im Falle von Unklarheiten mithilfe eines Rechtsanwaltes vollzogen werden.

Organstellung des GmbH-Geschäftsführers

Der GmbH-Geschäftsführer ist ein Or­gan der von ihm ge­lei­te­ten Ge­sell­schaft. Er besitzt daher als GmbH-Or­gan ge­sell­schafts­recht­liche Rech­te und Pflich­ten, die im GmbHG festgeschrieben sind.

Die GmbH wird durch die Geschäftsführer ge­richt­lich und außer­ge­richt­lich ver­tre­ten. Existiert lediglich ein Geschäftsführer, tritt im Falle der Ab­be­ru­fung oder Amts­nie­der­le­gung Führungs­lo­sig­keit ein. Dies sollte in jedem Fall vermieden werden.

Geschäftsführeranstellungsvertrag

Strikt von der organschaftlichen Stellung ist die schuldrechtliche Vereinbarung mit dem Geschäftsführer, dem Geschäftsführer­an­stel­lungs­ver­trag, zu trennen. Dieser ist recht­lich als Dienst­ver­trag zu qualifizieren. Im Anstellungsvertrag sind üblicherweise Regelungen zu der Vergütung des Geschäftsführers, die Vertragsdauer und Beendigungsmöglichkeiten, Urlaubstage sowie Klauseln zu Wettbewerbsverboten oder auch privaten Nutzung eines Dienstwagens zu finden.

GmbH-Geschäftsführer: Gilt der Geschäftsführer als Arbeitnehmer?

Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 10.05.2010 ist der GmbH-Geschäftsführer in aller Regel rechtlich nicht als Arbeitnehmer einzustufen, denn er wird in der Regel auf der Grundlage eines freien Dienstvertrages und gerade nicht eines Arbeitsvertrages tätig.

Zwar steht der Gesellschaft gegenüber dem Geschäftsführer ein unternehmerisches Weisungsrecht über die Gesellschafterversammlung zu. Für die Begründung einer Arbeitnehmereigenschaft ist dies aber in aller Regel nicht ausreichend. Nur in Ausnahmefällen, wenn eine weitaus größere persönliche Abhängigkeit und Weisungsgebundenheit wie bei einem Arbeitnehmer gegeben ist, kann auch der (Fremd-) Geschäftsführer als Arbeitnehmer einzustufen sein. Insoweit müssen alle Umstände des Einzelfalles sorgfältig bewertet werden.

Risiken einer Abberufung oder Amtsniederlegung

Die GmbH wird durch den Geschäftsführer außer­ge­richt­lich und gerichtlich ver­tre­ten. Wenn es lediglich einen Geschäftsführer gibt, tritt im Falle der Ab­be­ru­fung oder Amts­nie­der­le­gung Führungs­lo­sig­keit ein.

In diesem Fall wird die GmbH gemäß § 35 Abs.1 Satz 2 Gmb­HG durch die Ge­sell­schaf­ter ver­tre­ten. Die Ge­sell­schaf­ter ha­ben jedoch schnellstmöglich für die Be­stel­lung ei­nes neu­en Geschäftsführers zu sor­gen.

Wie kann ein GmbH-Geschäftsführer entlassen werden?

1. Abberufung des Geschäftsführers

Zunächst ist der Geschäftsführer gesellschaftsrechtlich in der Gesellschafterversammlung abzuberufen. Hierdurch endet die organschaftliche Stellung des Geschäftsführers als Vertreter der Gesellschaft nach außen.

2. Gesellschafterbeschluss

Sodann ist ein Gesellschafterbeschluss zur Kündigung des Geschäftsführervertrages zu fassen.

3. Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrages

Im nächsten Schritt ist die fristgerechte – oder im Ausnahmefall fristlose – Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrages zu erklären und dem Geschäftsführer zuzustellen, damit die zwischen der Gesellschaft und dem Geschäftsführer im Innenverhältnis geltenden Pflichten aus der schuldrechtlichen Vereinbarung enden.

4. Eintragung der Abberufung in das Handelsregister

Die Ab­be­ru­fung ist – ebenso wie die Amts­nie­der­le­gung durch den Geschäftsführer – in das Han­dels­re­gis­ter einzutragen. Dies ist jedoch keine Wirksamkeitsvoraussetzung. Die Eintragung der Ab­be­ru­fung oder Amts­nie­der­le­gung in das Han­dels­re­gis­ter hat lediglich de­kla­ra­to­ri­sche Be­deu­tung. Die Ab­be­ru­fung und Amts­nie­der­le­gung sind daher be­reits dann wirk­sam, wenn sie der je­weils an­de­ren Par­tei mit­ge­teilt wur­den. Solange der Geschäftsführer allerdings im Handelsregister eingetragen ist, besteht die Gefahr, dass sich Dritte auf diesen Rechtsschein berufen und Handlungen des (ehemaligen) Geschäftsführers, z.B. Vertragsabschlüsse, der Gesellschaft zugerechnet werden.

Kopplungsklausel im Anstellungsvertrag

Ein Geschäftsführer muss aufgrund seiner rechtlichen Doppelstellung sowohl gekündigt als auch abberufen werden. Eine Kündigung führt daher nicht automatisch zur Abberufung und umgekehrt.

Eine Frau unterschreibt eine Kopplungsklausel im Anstellungsvertrag

Um das Verfahren zu vereinfachen, kann in dem Anstellungsvertrag eine sogenannte Kopplungsklausel vereinbart werden. Diese Klausel verknüpft Abberufung und Kündigung. Bei einer Abberufung des Geschäftsführers gilt sein Anstellungsvertrag dann als gekündigt, ohne dass es einer weiteren Erklärung bedarf.

Die Kopplungsklausel muss jedoch berücksichtigen, dass dem Geschäftsführer ohne wichtigen Grund nur unter Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden darf, während die Abberufung auch ohne wichtigen Grund fristlos erfolgen kann.

Ist in der Kopplungsklausel geregelt, dass mit der Abberufung des Geschäftsführers auch sein Anstellungsvertrag sofort, das heißt, ohne Einhaltung der gesetzlichen Frist, endet, ist die Klausel unwirksam.

Um eine solche Klausel rechtssicher zu gestalten und im Ernstfall einen Rechtsstreit zu vermeiden, empfehlen wir Ihnen, sich bei der Vertragserstellung durch unsere erfahrenen Rechtsanwälte für Gesellschaftsrecht und Arbeitsrecht beraten zu lassen.

Wie kann ein GmbH-Geschäftsführer kündigen?

Der GmbH-Geschäftsführer kann sein Amt grundsätzlich jederzeit und ohne Angabe eines wichtigen Grundes niederlegen. Die Amts­nie­der­le­gung ist das Ge­genstück zur Ab­be­ru­fung.

Wenn die Amtsniederlegung jedoch "zur Unzeit" erfolgt und der Gesellschaft hierdurch ein Schaden entsteht, kann der Geschäftsführer hierfür haftbar gemacht werden.

Die Amtsniederlegung ist von dem Geschäftsführer gegenüber der Gesellschafterversammlung zu erklären.

Sie sollte aus Beweisgründen

  • schriftlich
  • und gegenüber allen GmbH-Gesellschaftern erfolgen,
  • auch wenn es nach der Rechtsprechung ausreichend ist, wenn die Amtsniederlegungserklärung gegenüber einem Gesellschafter erklärt wird.

Da die Amtsniederlegung während eines bestehenden Anstellungsvertrages eine schwerwiegende Pflichtverletzung darstellen kann, sollte der genaue Zeitpunkt der Amtsniederlegung sorgfältig abgewogen werden. Hierzu sollte ebenfalls ein Blick in die Satzung der GmbH geworfen werden. Dort können weitere Erfordernisse zur Niederlegung des Amtes geregelt sein.

Rechts­mit­tel ge­gen die Ab­be­ru­fung? - Anfechtungsklage

Wenn der ab­be­ru­fe­ne Geschäftsführer gleich­zei­tig Ge­sell­schaf­ter ist, kann er die Wirk­sam­keit sei­ner Ab­be­ru­fung im We­ge der An­fech­tungs­kla­ge ge­richt­lich über­prüfen las­sen.

Die An­fech­tungs­kla­ge kann zum Beispiel da­mit be­gründet wer­den, dass ein wichtiger Grund für die Ab­be­ru­fung nicht vorlag und der Ge­sell­schaf­ter an der Be­schluss­fas­sung nicht be­tei­ligt wur­de. In diesem Fall war die Be­schluss­fas­sung feh­ler­haft, da der ab­be­ru­fe­ne Ge­sell­schaf­ter an der Beschlussfassung hätte be­tei­ligt wer­den müssen.

Die An­fech­tungs­kla­ge muss bin­nen ei­nes Mo­nats nach der strei­ti­gen Ab­be­ru­fung er­ho­ben wer­den. In­ner­halb der Frist sind alle An­fech­tungs­gründe gel­tend zu ma­chen.

Ein Richter verliest die Rechtsmittel bei der Kündigung eines Geschäftsführers

Rechtsmittel gegen die Kündigung?

Der GmbH-Geschäftsführer ist nach der Rechtsprechung kein klassischer Arbeitnehmer. Daher genießt der Geschäftsführer regelmäßig keinen allgemeinen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz.

Ausnahmen sind jedoch insbesondere beim Fremdgeschäftsführer dann möglich, wenn der Fremdgeschäftsführer weisungsgebunden war und in einem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis zur Gesellschaft steht. In diesem Fall wendet das Bundesarbeitsgericht vereinzelt Arbeitnehmerschutzvorschriften auch auf Fremdgeschäftsführer an.

Die Kündigung beendet das Anstellungsverhältnis zwischen GmbH und Geschäftsführer. Hierfür ist regelmäßig kein Kündigungsgrund erforderlich. Es gelten die kurzen Kündigungsfristen des § 621 BGB, sofern im Anstellungsvertrag keine abweichende Kündigungsfrist vereinbart wurde.

Bei einem befristeten Anstellungsvertrag ist eine vorzeitige Beendigung regelmäßig nicht ohne wichtigen Grund rechtmäßig.

Ausnahmen können unter Umständen für den Fremdgeschäftsführer gelten, der weisungsgebunden und persönlich abhängig angestellt war.

Abfindung: Anspruch nach Entlassung?

Einen gesetzlichen Anspruch auf Zahlung einer Abfindung gibt es nicht. Eine Abfindung kann je nach Vertragssituation und abhängig von den wechselseitigen Interessen im Fall des Trennungswunsches verhandelt werden. 

Rechtsweg: Arbeitsgericht oder Landgericht?

Wird ein Arbeitnehmer gekündigt, hat er die Möglichkeit, die Kündigung mit einer Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht anzugreifen. Hierfür hat er ab dem Zugang des Kündigungsschreibens drei Wochen Zeit (§ 4 KSchG). Wird keine Kündigungsschutzklage erhoben, gilt die Kündigung als von Anfang an wirksam.

Bei Streitigkeiten aus dem Geschäftsführerdienstvertrag und/oder dessen Beendigung ist grundsätzlich das Landgericht zuständig. Geschäftsführer sind nämlich keine Arbeitnehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 3 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG), wie § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG klarstellt.

Was passiert im Fall der Abberufung?

Im Fall der Abberufung des Fremdgeschäftsführers wird allerdings, angesichts der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes, die Frage nach der Arbeitnehmereigenschaft des Fremdgeschäftsführers heftig diskutiert.

Zwei Personen besprechen die Abberufung und Kündigung eines Geschäftsführers

Der Bundesgerichtshof verneinte bisher in ständiger Rechtsprechung eindeutig die Arbeitnehmereigenschaft des Fremdgeschäftsführers. In einer aktuellen Entscheidung aus 2019 (BGH v. 26.03.2019 – siehe NJW 2019, 2086, mit Anm. von Lunk) wird dies nur ansatzweise modifiziert, indem der Bundesgerichtshof die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts aus Januar 2019 (BAG vom 21.01.2019 – siehe NZA 2019, 490 Rn. 24) zitiert.

Danach sind nach bisher ablehnender Haltung des Bundesgerichtshofes Fremdgeschäftsführer im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts allenfalls in extremen Ausnahmefällen Arbeitnehmer nach dem nationalen Arbeitnehmer-Begriffsverständnis und im Zweifel keine arbeitnehmerähnlichen Personen. Der für Arbeitnehmer vorgesehene Schutz greift allenfalls in Ausnahmefällen oder bei entsprechenden Regelungen im Anstellungsvertrag. Greift jedoch der unionsrechtliche Arbeitnehmerbegriff (hier bei der Bewertung als Arbeitsverhältnis nicht maßgeblich), steht der jeweilige durch das Gesetz vermittelte Schutz auch GmbH-Geschäftsführern teilweise zu.

Bei der Bewertung der Frage, ob ein Arbeitsverhältnis vorliegt, ist demnach eine Einzelfallprüfung anhand der üblichen Kriterien des nationalen Arbeitnehmerbegriffs vorzunehmen, die mittlerweile gesetzlich in § 611a BGB normiert wurden. Der nach der konkreten Vertragsgestaltung gegebene Grad der persönlichen Abhängigkeit ist elementares Kriterium dieser Bewertung.

Abzugrenzen ist beim Fremdgeschäftsführer zwischen

  • den gesellschaftsrechtlichen üblichen Weisungsbefugnissen der Gesellschafterversammlung
  • und einer darüber hinausgehenden Weisungsabhängigkeit hinsichtlich der konkreten Arbeitspflicht.

Bei einem Fremdgeschäftsführer ist das Kriterium der persönlichen Abhängigkeit allenfalls dann als erfüllt anzusehen, wenn dieser in absolut ungewöhnlichem Maße, gewissermaßen wie ein Arbeitnehmer, in den Betrieb eingegliedert ist, das heißt regelmäßig einen i. S. d. § 611a BGB nach

  • Zeit,
  • Dauer,
  • Ort
  • und Art der Ausführung umfassenden Direktionsrecht der Gesellschafter unterliegt.

Hierzu bedarf es jedenfalls des umfangreichen Sachvortrages im Einzelfall.

Ferner kann eine Zuständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit begründet sein, wenn der Fremdgeschäftsführer abberufen wurde und im Anschluss, insbesondere mit anderweitigen Aufgaben, weiterbeschäftigt wird. In diesen Fällen stellt sich regelmäßig die Frage, ob hierdurch gegebenenfalls konkludent ein Arbeitsverhältnis begründet wurde. Die Gesellschafterversammlung ist daher regelmäßig gut beraten, den Geschäftsführer nach Abberufung von einer weiteren Tätigkeit freizustellen oder die Abberufung erst zum Zeitpunkt der Vertragsbeendigung vorzunehmen.

Teilweise wird auch zwischen Vertragsparteien vereinbart, dass ein ursprünglich begründetes Arbeitsverhältnis mit Beendigung der Geschäftsführungstätigkeit wiederauflebt. Dies muss allerdings konkret vereinbart sein. Findet sich keine dahin gehende Regelung, gehen die Gerichte mittlerweile davon aus, dass die Vertragsparteien mit Abschluss des Geschäftsführerdienstvertrages ein etwaiges bisher bestehendes Arbeitsverhältnis beendet haben. Es wird allerdings dringend empfohlen, bei Beförderung eines Arbeitnehmers zum Geschäftsführer den ursprünglichen Arbeitsvertrag mit Abschluss des Geschäftsführerdienstvertrages schriftlich aufzuheben.

Ist das Kündigungsschutzgesetz anwendbar?

Nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG gilt der Kündigungsschutz nicht für Organmitglieder juristischer Personen, die einen oder mehrere Betriebe führen. Dies gilt daher auch für den Geschäftsführer einer GmbH. Demnach ist das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) jedenfalls so lange nicht anwendbar, wie der Geschäftsführer zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung noch als Organ der Gesellschaft bestellt ist. Wird er allerdings während der Laufzeit der Klagefrist abberufen, gilt dies nicht mehr.

Kündigung eines Geschäftsführers – einen Anwalt für Arbeitsrecht zurate ziehen

Die vorstehenden Ausführungen belegen, dass die Abberufung und Kündigung von Geschäftsführern mit vielen Fallstricken versehen sind. Es ergeben sich zahlreiche Streitigkeiten.

Benötigen Sie Unterstützung oder haben Sie Fragen? Unsere Fachanwälte für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie unsere Anwälte für Arbeitsrecht beraten Geschäftsführer und Unternehmen in allen vertraglichen und gesellschaftsrechtlichen Fragen. Gerne stehen wir Ihnen bei allen Fragen, die sich mit der Kündigung und Abberufung eines Geschäftsführers ergeben, an einem unserer zehn Standorte beratend zur Seite. Wir überprüfen Ihre individuelle Situation und geben Ihnen eine interdisziplinäre Rechtsberatung.

 

Autorin

Simone Zervos

Rechtsanwältin

Fachanwältin für Arbeitsrecht

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