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Ein Richter fällt zur Datenweitergabe bei der Arbeit ein Urteil und nutzt den Richterhammer

Urteil zu Datenweitergabe bei der Arbeit – Fristlose Kündigung wirksam

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln entschied in einem Urteil vom 2. November 2021 (Az.: 4 Sa 290/21), dass eine außerordentliche Kündigung einer Arbeitnehmerin aufgrund der unbefugten Kenntnisnahme und Weitergabe von Daten wirksam ist.

Welcher Sachverhalt lag der Kündigung zugrunde?

Die Klägerin war als Verwaltungsmitarbeiterin seit 23 Jahren bei der Gemeinde beschäftigt. Im Rahmen ihrer Aufgaben war sie auch für die Buchhaltung verantwortlich und hatte daher Zugriff auf den dienstlichen PC sowie das E-Mail-Konto des Pfarrers.

In dem E-Mail-Konto las die Klägerin eine E-Mail, die den Pastor auf ein gegen ihn gerichtetes Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts sexueller Übergriffe auf eine im Kirchenasyl der Gemeinde lebende Frau hinwies. Als Anhang einer privaten E-Mail fand die Klägerin dann einen Chatverlauf zwischen dem Pastor und der betroffenen Frau. Diesen Chatverlauf speicherte die Klägerin auf einem USB-Stick und gab ihn eine Woche später anonym an eine ehrenamtliche Mitarbeiterin der Gemeinde weiter. Später gab die Klägerin den Chatverlauf an die Staatsanwaltschaft weiter.

Das Ermittlungsverfahren gegen den Pastor wurde mangels hinreichenden Tatverdachtes eingestellt. Nach Bekanntwerden der Vorkommnisse kündigte die Kirchengemeinde das mit der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis fristlos.

Arbeitsgericht Aachen: fristlose Kündigung unverhältnismäßig

Das Arbeitsgericht Aachen (ArbG Aachen, Urteil vom 22.04.2021, 8 Ca 3432/20) gab in seinem bezüglich dieser Datenweitergabe bei der Arbeit gefallenen Urteil der Kündigungsschutzklage zunächst statt. Die Klägerin gab an, sie habe die im Kirchenasyl lebende Frau schützen und Beweise sichern wollen. Das Gericht sah in dem Verhalten der Klägerin zwar einen an sich wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung, hielt diese jedoch aufgrund des langen und bisher unbelastet verlaufenen Arbeitsverhältnisses und mangels Wiederholungsgefahr für unverhältnismäßig. Doch bezüglich dieser Datenweitergabe im Rahmen ihrer Arbeit fiel ein weiteres Urteil in zweiter Instanz – das LAG Köln entschied am 2. November 2021, dass die Kündigung wirksam ist.

LAG Köln: Vertrauensverhältnis unwiederbringlich zerstört

Die Kirchengemeinde legte gegen das erstinstanzliche Urteil Berufung ein. Die Berufung hatte Erfolg, denn das ursprüngliche zur Datenweitergabe bei der Arbeit getroffene Urteil wurde in zweiter Instanz zurückgewiesen.

Ein Richter fällt zur Datenweitergabe bei der Arbeit ein Urteil

Das LAG Köln sah das für die Aufgaben der Klägerin notwendige Vertrauensverhältnis als unwiederbringlich zerstört an. In der unbefugten Kenntnisnahme und Weitergabe fremder Daten liege auch wegen der damit einhergehenden Verletzung von Persönlichkeitsrechten ein schwerwiegender Verstoß gegen die arbeitsvertragliche Rücksichtnahmepflicht.

Auch die von der Klägerin vorgetragenen Beweggründe, die im Kirchenasyl lebende Frau schützen und Beweise sichern zu wollen, rechtfertigten die unbefugte Datenweitergabe während ihrer Arbeit laut

Datenschutz verletzt: das Gerichtsurteil des Landesarbeitsgerichts Köln

Mit ihrer Vorgehensweise habe die Klägerin keines der angegebenen Ziele erreichen können. Angesichts der Schwere der Pflichtverletzung bei diesem Verstoß gegen die arbeitsvertragliche Rücksichtnahmepflicht überwiege das Lösungsinteresse der Gemeinde das Beschäftigungsinteresse der Klägerin deutlich. Selbst die erstmalige Hinnahme dieser Pflichtverletzung sei der Gemeinde nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich – auch für die Klägerin erkennbar – ausgeschlossen.

Fazit: unrechtmäßige Datenweitergabe bei der Arbeit – das Urteil zur Kündigungsschutzklage des LAG Köln

Die Entscheidung des LAG Köln und das Urteil sind im Ergebnis richtig. Durch das Herunterladen und die Weitergabe privater Daten hat die Klägerin das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Pastors verletzt und damit auch einen Datenschutzverstoß begangen.

Zwar hat die Klägerin ein legitimes Ziel verfolgt, indem sie die Frau im Kirchenasyl vor sexuellen Übergriffen des Pastors schützen und Beweise sichern wollte. Die Handlungen der Klägerin, die sicherlich unter den Begriff Whistleblowing fallen, waren nach Ansicht des LAG Köln jedoch nicht zielführend, um Straftaten aufzudecken. Das Ziel der Aufklärung oder Beweissicherung hätte mit einer Weitergabe an das Landeskirchenamt erreicht werden können. Die Arbeitnehmerin hätte daher zunächst eine interne Klärung versuchen müssen. 

Nach Ansicht des LAG Köln hat der Verstoß der Klägerin gegen ihre arbeitsvertragliche Rücksichtnahmepflicht daher dazu geführt, dass das Vertrauensverhältnis zwischen der Klägerin und der Kirchengemeinde unwiederbringlich zerstört war. Bei diesem Fall der Datenweitergabe bei der Arbeit lautet dementsprechend das Urteil: Eine Fortführung des Arbeitsverhältnisses war der Kirchengemeinde nicht zumutbar.

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