Wann ist das Kündigungsschutzgesetz anwendbar?
Die Kündigung während einer Krankschreibung ist arbeitsrechtlich grundsätzlich zulässig. Unterfällt der Arbeitnehmer jedoch dem Schutzbereich des Kündigungsschutzgesetzes, kann der Arbeitgeber die Kündigung während Krankschreibung nur aussprechen, wenn ein Kündigungsgrund vorliegt. Verstößt eine Kündigung gegen das Kündigungsschutzgesetz, ist sie unwirksam.
Das Kündigungsschutzgesetz ist anwendbar, wenn:
- Das Arbeitsverhältnis seit mindestens sechs Monaten besteht.
- Der Arbeitgeber mehr als zehn Arbeitnehmer in Vollzeit beschäftigt.
Welche Kündigungsgründe kommen für eine Kündigung während der Krankschreibung in Betracht?
Damit eine Kündigung während einer Krankheit überhaupt rechtskräftig ist, müssen einige Bedingungen erfüllt sein. Ist dies nicht gegeben, gilt gegebenenfalls ein Kündigungsschutz. Durch diesen Schutz werden Arbeitnehmer gegen unrechtmäßige Kündigungen bei Krankheit und in anderen Situationen abgesichert. Die Gültigkeit der Kündigung im Krankheitsfall ist abhängig von den folgenden Faktoren:
1. Verhaltensbedingte Kündigung
Der Kündigungsgrund beruht auf einem steuerbaren Verhalten des Arbeitnehmers. Hierzu zählen etwa Alkoholkonsum, Diebstahl, Arbeitsverweigerung, Mobbing oder Beleidigungen.
Damit eine verhaltensbedingte Kündigung wirksam ist, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Vorliegen einer Pflichtverletzung (wie Arbeitsverweigerung oder Diebstahl)
- Negative Prognose: Es ist zu erwarten, dass der Arbeitnehmer in Zukunft sein Verhalten nicht ändern wird.
- Verhältnismäßigkeit: Es kommen keine milderen Mittel, wie zum Beispiel eine Abmahnung, in Betracht.
- Interessenabwägung: Das Interesse des Arbeitgebers an einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses überwiegt gegenüber dem Interesse des Arbeitnehmers am Erhalt des Arbeitsplatzes.
2. Betriebsbedingte Kündigung
Eine betriebsbedingte Kündigung kann ausgesprochen werden, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer aufgrund betrieblicher Unwägbarkeiten und Erfordernissen kündigen muss. In der Praxis werden betriebsbedingte Kündigungen zum Beispiel bei der Schließung oder Auslagerung von Abteilungen, bei Maßnahmen der Umstrukturierung oder bei Betriebsstilllegungen – etwa infolge einer Insolvenz – ausgesprochen.
3. Personenbedingte Kündigung
Hier liegt der Kündigungsgrund in Eigenschaften oder Merkmalen des Arbeitnehmers, die zu einer Leistungsminderung führen. Die krankheitsbedingte Kündigung stellt einen Unterfall der personenbedingten Kündigung dar. Eine krankheitsbedingte Kündigung liegt vor, wenn die Krankheit selbst und nicht ein Verhalten des Arbeitnehmers der Kündigungsgrund ist. Eine Abmahnung ist daher vor dem Ausspruch der Kündigung nicht erforderlich.
Nach der Rechtsprechung kommen grundsätzlich folgende Kündigungsgründe für eine Kündigung während einer Krankheit bei ausgestellter Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in Betracht:
- Wiederholte Kurzerkrankungen
- Langzeiterkrankungen mit vielen Krankheitstagen
- Krankheitsbedingte Minderung der Leistungsfähigkeit
- Dauerhafte Arbeitsunfähigkeit
Die meisten krankheitsbedingten Kündigungen werden ausgesprochen, weil Arbeitnehmer immer wieder kurzfristig, also für einige Tage oder Wochen, erkranken. Hierdurch kann sich die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers bedeutend vermindern. So kann es zur Kündigung trotz Krankschreibung kommen.
Krankheitsbedingte Kündigung: weitere Voraussetzungen
Im zweiten Schritt ist zu prüfen, ob die Kündigung während der Krankheit sozial gerechtfertigt ist. Hierfür werden diverse Faktoren zurate gezogen.
Negative Gesundheitsprognose
Liegt eine negative Prognose vor – das heißt es ist längerfristig mit weiteren Krankheiten und Fehlzeiten des Arbeitnehmers zu rechnen – kann eine Kündigung wegen dieser Krankheit naheliegen. Bei häufigen, auf vereinzelte Arbeitstage verteilte Kurzerkrankungen ist zu befürchten, dass es zu erneuten Erkrankungen in erheblichem Umfang kommt. Bei Langzeiterkrankungen darf keine Aussicht auf eine Genesung und Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit in absehbarer Zeit bestehen, damit die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gültig ist.
Erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen
Wenn die wirtschaftlichen und betrieblichen Interessen des Arbeitgebers erheblich beeinträchtigt sind, kann eine krankheitsbedingte Kündigung erfolgen. Dies ist zum Beispiel der Fall bei fehlender Planungssicherheit, Störungen des Betriebsablaufs oder hohen Kosten der Lohnfortzahlung.
Interessenabwägung
Im letzten Schritt muss eine Interessenabwägung vorgenommen werden. Abgewogen werden das Interesse des Arbeitgebers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und das Fortsetzungsinteresse des Arbeitnehmers.
Damit eine krankheitsbedingte Kündigung wirksam ist, muss die Abwägung zugunsten des Arbeitgebers ausfallen. Das bedeutet, dass dem Arbeitgeber – unter umfassender Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen – die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht weiter zumutbar ist. Die Kündigung muss hierbei das mildeste Mittel („ultima ratio“) darstellen.
Bei der Interessenabwägung finden unter anderem folgende Aspekte Berücksichtigung:
- ungestörte Dauer des Arbeitsverhältnisses
- betriebliche Krankheitsursachen (zum Beispiel: Arbeitsunfall oder Berufskrankheit)
- Alter und Familienstand des Arbeitnehmers
Kündigungsschutzklage: So läuft das Verfahren ab
Wenn Sie sich gegen eine Kündigung trotz oder wegen Krankheit wehren möchten, müssen Sie eine Kündigungsschutzklage einreichen. Diese setzt sich aus den folgenden sechs Schritten zusammen: