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Start-Up Rechtsform: Welche Unternehmensform Gründer wählen sollten

Jährlich werden tausende Start-Up-Unternehmen in Deutschland gegründet. Nach der ausschlaggebenden Idee stehen meist langwierige Entwicklungsprozesse im Vordergrund der Unternehmensgründer. Oft wird hierbei die Wahl der passenden Rechtsform für das Start-Up vernachlässigt. Rechtsanwalt Dr. Andreas Bietmann erklärt im Folgenden, warum Gründer sich schon früh mit der Auswahl der Unternehmensform beschäftigen sollten und welche Rechtstipps grundlegend für eine positive Weichenstellung und eine erfolgreiche Zukunft des Startups sind.

Warum Sie die Wahl der Start-Up Rechtsform nicht vernachlässigen sollten

Wie viel Geld benötigen Sie zur Unternehmensgründung? Wie stehen die einzelnen Gesellschafter zueinander im Verhältnis? In welchem Ausmaß trägt das Unternehmen Haftungsrisiken? Wie liquide ist das Start-Up mit der gewählten Rechtsform bei der Umsetzung der Geschäftsideen?

All diese Fragen werden durch die Bestimmung der Unternehmensform beeinflusst oder sogar gänzlich bedingt. Aus diesem Grund ist es unabdingbar, dass sich Start-Up-Unternehmen schnellstmöglich nach der Aufbauphase und vor einem wachsenden Geschäftsbetrieb für eine passende Rechtsform entscheiden oder über einen Rechtsformwechsel frühzeitig nachdenken.

Der Einzelunternehmer

Mit Aufnahme jedweder selbständigen Betätigung durch eine einzelne natürliche Person entsteht der Einzelunternehmer. Der Inhaber haftet persönlich und führt alle Geschäfte in seinem Namen. Da es keiner formalen Voraussetzungen bedarf, versuchen in Deutschland jährlich unzählige Einzelunternehmer ihr Glück.

Sofern der Einzelunternehmer ein Handelsgewerbe betreibt und damit nach dem HGB in der Regel Kaufmann ist, besteht die Verpflichtung die Firma in das Handelsregister einzutragen. Eine freie Wahl zur Eintragung und damit zur Begründung der Kaufmannseigenschaft wird nur Kleingewerbetreibenden gelassen, deren Unternehmen nach Art und Umfang (noch) keinen kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert.  

Die Qual der Wahl: Personengesellschaft oder Kapitalgesellschaft

Wer sich Gedanken zur richtigen Rechtsform für sein Unternehmen macht, sollte sich zunächst über die im deutschen Gesellschaftsrecht vorhandene grundlegende Differenzierung der einzelnen Rechtsformen in Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften bewusst sein.

Formfrei und einfach: Die Personengesellschaft

Personengesellschaften entstehen durch vertragliche Absprachen zwischen den handelnden Personen, ohne dass hierfür besondere Formvorschriften für den Gesellschaftsvertrag eingehalten werden müssen.

Die Verträge können damit nicht nur mündlich, sondern auch stillschweigend oder konkludent, also durch schlüssiges Handeln, geschlossen werden.

Sprich: Eine Personengesellschaft entsteht, wenn das Handeln von mindestens zwei Personen vermuten lässt, dass es sich um eine Gesellschaft handelt – also ein gemeinschaftliches Ziel verfolgt wird. Ein schriftlicher Vertragsschluss ist nicht zwingend notwendig. So kann es sich auch schon um eine Personengesellschaft handeln, wenn mehrere Parteien gemeinschaftlich ein Haus verwalten oder in Form eines Chors gemeinsam auftreten.

Da Start-up-Unternehmer im ersten Schritt der Unternehmensgründung meist eine unkomplizierte, schnelle und kostengünstige Lösung für die Gründung anstreben, empfiehlt sich die Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Diese wird umgangssprachlich auch BGB-Gesellschaft genannt. Ist ein Handelsgewerbe im Sinne des HGB Ziel des neugegründeten Unternehmens, ist das passende Pendant zur GbR die offene Handelsgesellschaft (oHG).

Wie bereits erwähnt, ist eine Personengesellschaft, wie die GbR, bereits dann existent, wenn sich mindestens 2 natürliche oder juristische Personen zusammenfinden, um ein Geschäft zu führen oder ein Projekt zu realisieren. Das Gesetz verlangt nur die „Erreichung eines gemeinsamen Zwecks zu fördern“. Die Wahl des Zwecks ist hier nicht näher bestimmt und steht den handelnden Unternehmern sowie Startups vollkommen frei. Wegen der Bedeutung der GbR hat die Rechtsprechung dieser zwischenzeitlich eine eigene Rechtspersönlichkeit zuerkannt. Die GbR kann mithin als Kläger im gerichtlichen Verfahren auftreten bzw. verklagt werden.

Doch Vorsicht: Die Gesellschafter einer GbR haften neben dem Gesellschaftsvermögen stets auch unbeschränkt mit ihrem Privatvermögen. Dies stellt einen wesentlichen Unterschied zu den Kapitalgesellschaften, die grundsätzlich nur mit ihrem Gesellschaftsvermögen haften, dar. Eine persönliche Haftung der Gesellschafter ist dahingegen bei der Kapitalgesellschaft allenfalls bei groben Pflichtverletzungen möglich.

Notariell beglaubigt: Die Kapitalgesellschaft

Im Gegensatz zu Personengesellschaften, bedürfen Kapitalgesellschaften eines notariell beglaubigten Gesellschaftsvertrages, einer sogenannten Satzung. Außerdem sind diese Unternehmensformen personenunabhängig und setzen die Erfüllung strenger formeller Gründungskriterien voraus.

Trotz, beziehungsweise auch gerade aufgrund dieser hohen Anforderungen, hat diese Variante klare Vorteile im Bereich des Haftungsrisikos. Wer als Start-up-Unternehmer in der Gründerszene die persönliche Haftung begrenzen will, sollte daher die Gründung einer Kapitalgesellschaft erwägen. Voraussetzung bei allen Kapitalgesellschaften ist neben der Verabschiedung einer Satzung und deren notariellen Beglaubigung, die Einzahlung von Gesellschaftskapital.

Hier liegen unter anderem auch die Unterschiede zwischen der Rechtsform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) und der Aktiengesellschaft (AG). Das einzuzahlende Kapital beträgt:

-      bei der GmbH EUR 25.000,-

-      und bei der AG EUR 50.000,-.

Geringer Kapitaleinsatz: Die UG

Mit Blick auf den insoweit bei Gründung erforderlichen Kapitaleinsatz hat der Gesetzgeber eine Sonderform der Kapitalgesellschaft zugelassen, die insbesondere für Startups interessant sein kann. Mit einer Stammeinlage von lediglich EUR 1,- kann die Form der Unternehmergesellschaft (UG) gewählt werden, wobei für den Rechtsverkehr der Zusatz „haftungsbeschränkt“ ausgewiesen werden muss.

Allerdings empfiehlt sich nach Beendigung der Startphase und dem wirtschaftlichem Ausbau, der Wechsel von der UG zur GmbH. Bei einem solchen Wechsel der Rechtsformen müssen die Gesellschafter das notwendige Stammkapital von EUR 25.000,- nachweisen, wobei für die Gründung der GmbH die Einzahlung der halben Summe (EUR 12.500,-) ausreichend ist.

Hier muss bedacht werden, dass bis zur Einzahlung des gesamten Stammkapitals die Gesellschafter im Fall der Insolvenz für den fehlenden Betrag mit ihrem Privatvermögen haften.

Sonderform in Deutschland: GmbH & Co. KG

Gesondert hinzuweisen ist auf eine Besonderheit des deutschen Gesellschaftsrechts. Anders als in anderen europäischen Ländern wird in Deutschland mit der GmbH & Co.KG eine besondere Rechtsform, die zu den Personengesellschaften zählt, als Unternehmensform angeboten.

Die für Personengesellschaften typische Haftung wird in der Kommanditgesellschaft (KG) durch den persönlich haftenden Gesellschafter, den sogenannten Komplementär, wahrgenommen. Diese Funktion übernimmt bei der GmbH & Co.KG die Komplementär-GmbH. Die unternehmerisch gemeinschaftlich handelnden Gesellschafter können Einlagen in die Gesellschaft in Form von Geld oder Sachwerten als Kommanditisten erbringen. Die einzelnen Kommanditisten wiederum haften in dieser Rechtsform nur bis zur Höhe der geschuldeten Einlage. Eine gesonderte Haftung nach Erbringung der Einlage scheidet aus.

Durch die wechselseitige Haftungsbegrenzung bei gleichzeitiger Flexibilität des Kapitaleinsatzes entsteht so ein nicht zu unterschätzender Vorteil gegenüber anderen Rechtsformen. Hinzu kommen die für Personengesellschaften vorgesehenen steuerlichen Vorteile, wie z.B. der Gewerbesteuerfreibetrag von EUR 24.500,-.

Anders als Kapitalgesellschaften, die der Körperschaftssteuer unterliegen, sind Personengesellschaften zudem keine eigenen Besteuerungssubjekte. Es wird vielmehr zunächst der Gewinn der Gesellschaft insgesamt festgestellt und dieser dann abhängig von den Gewinnanteilen den einzelnen Gesellschaftern zugeteilt, welche diese Gewinne sodann in ihrer Einkommenssteuer nach ihrem persönlichen Steuersatz zu versteuern haben.

Starke Auflagen, hohes Ansehen: Die AG

In Einzelfällen kann sich für den Start-up-Unternehmer die Gründung einer AG als attraktiv erweisen. Die AG genießt im allgemeinen Bewusstsein der Öffentlichkeit ein hohes Vertrauen und Ansehen. Gerade bei der Markteinführung des Start-Ups kann diese Rechtsformwahl somit äußerst dienlich sein. Allerdings muss dem Gründer stets bewusst sein, dass die Erfüllung zahlreicher Formvorschriften zu beachten ist.

Zusätzlich zur Höhe des Gründungskapitals muss in dieser Rechtsform immer ein Aufsichtsrat gebildet werden. Dies kann für den Start-up-Unternehmer nützlich sein, da über den Aufsichtsrat ergänzendes Know-how und wirtschaftliche Erfahrung in das Unternehmen geholt werden kann. Er unterliegt ansonsten jedoch den sehr komplexen und hürdenreichen Regelungen des Aktienrechts.

Aufgrund dieses Aufwands und der inne liegenden Verbindlichkeiten ist es kaum verwunderlich, dass in Deutschland nur ca. 10.000 aktive AG’s existieren. Für die GmbH haben sich hingegen knapp 500.000 Unternehmen entschieden.

Tipps und Tricks zur Finanzierung der Start-Up Rechtsform

Banken geben heutzutage nur noch unter strengen Kreditrichtlinien finanzielle Unterstützung. Aus diesem Grund muss die Rechtsformwahl auch mit Blick auf die Finanzierungsnotwendigkeiten erfolgen.

Im idealen Fall besteht vor der Unternehmensgründung schon ein ausreichendes Eigenkapital oder ein Nachweis über entsprechende Sicherheiten (Liegenschaften, Wertpapiere, etc.). Da allerdings nicht jeder Start-Up-Gründer über das notwendige Eigenkapital für die Umsetzung seiner Visionen und Ideen verfügt, gibt es auch eine Vielzahl von Fördermöglichkeiten durch öffentliche oder private Kreditinstitute.

Aus diesem Grund sollte beim Gründen des Start-Ups und der Erstellung des zukünftigen Businessplans bereits darauf geachtet werden, dass man sich ausreichende Auskünfte über die diversen Fördersysteme bei den zuständigen Industrie- und Handelskammern und/oder Handwerkskammern einholt. Gerade der Startup-Businessplan verbunden mit der Wahl der passenden Rechtsform hilft Gründern maßgeblich dabei, ein klares unternehmerisches Konzept gegenüber dem späteren Finanz- oder Kreditgeber zu vermitteln. Förderprogramme haben hier stark unterschiedliche Ansätze – eine ausgiebige Informationsgrundlage ist aus diesem Grund unabdingbar.

Die ideale Rechtsform für jeden Gründer – gibt es sie?

Die Antwort lautet: Nein. Denn die ideale Rechtsform für das eigene Unternehmen hängt von vielen Faktoren ab. Welche Rechtsformen sinnvoll sind, kann nur nach sorgfältiger Abwägung unter Berücksichtigung des konkreten Einzelfalls entschieden werden.

Gründer sollten langfristig planen und die für Sie passendste Start-Up-Rechtsform wählen. Kurzfristige Entscheidungen sind zu vermeiden. Beim Start der Unternehmensgründung ist die Gründung einer Personengesellschaften (z.B. offene Handelsgesellschaft (oHG) oder GbR) verlockend. Die hiermit verbundene Liquidität angesichts der nicht vorgeschriebenen Kapitaleinlage und die geringeren Gründungskosten ermöglichen mit weniger Startkapital direkt loszulegen.

Bezieht man allerdings das Haftungsrisiko mit ein, ist die Gründung einer GmbH, ggf. über den Umweg über die UG, oder einer KG in der Sonderform der GmbH & Co.KG, trotz des notwendigen Stammkapitals die sicherere Wahl für den Start-Up-Unternehmer.

 

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