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Steuerliche Risiken bei der Anstellung von Ärzten

Die ärztliche Berufsausübung gerät zunehmend in den Fokus der Finanzverwaltung. Neben Fragen zur Umsatzsteuerpflicht einzelner ärztlicher Handlungen, Umsätze und/oder Tätigkeiten ergeben sich verstärkt Fragen zur Gewerbesteuerpflicht. Steuerliches Konfliktpotential entwickelt sich in diesem Zusammenhang zunehmend aus der Beschäftigung von angestellten Ärzten und Honorarkräften.

Niedergelassene Ärzte erzielen in der Regel Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit nach § 18 des Einkommensteuergesetzes. Abzugrenzen hiervon sind die gewerblichen Einkünfte. Die Rechtsprechung entwickelte zur Abgrenzung beider Steuerarten die sogenannte Stempeltheorie. Diese geht davon aus, dass der freiberuflich tätige Arzt gegenüber seinen Patienten aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich auftritt. Eine solche eigenverantwortliche Leistung kann der Arzt aber nur dann erfüllen, wenn er die Patienten weit überwiegend selber untersucht. Dass er sich unterstützend fachlich vorgebildeter Fachkräfte bedienen kann, gefährdet die Einstufung als freiberufliche Tätigkeit erst einmal nicht. Voraussetzung hierfür ist aber, dass die mit Hilfe des angestellten Arztes erbrachten Behandlungsleistungen weiterhin den „Stempel des Praxisinhabers“ in sich tragen.

Diese Sichtweise wurde durch den Bundesfinanzhof durch Urteil vom 16.07.2014, VIII R 41/12, zuletzt bestätigt. Der 8. Senat des Bundesfinanzhofs führt in diesem Urteil aus, dass selbstständige Ärzte ihren Beruf grundsätzlich auch dann leitend und eigenverantwortlich ausüben, wenn sie ärztliche Leistungen von angestellten Ärzten erbringen lassen. Voraussetzung dafür ist nach dem Bundesfinanzhof, dass sie aufgrund ihrer Fachkenntnisse durch regelmäßige und eingehende Kontrolle maßgeblich auf die Tätigkeit ihres angestellten Fachpersonals -patientenbezogenen- Einfluss nehmen, so dass die Leistung den „Stempel der Persönlichkeit“ des Steuerpflichtigen trägt.

Führt ein selbstständiger Arzt die jeweils anstehenden Voruntersuchungen bei den Patienten durch, legt er für den Einzelfall die Behandlungsmethode fest und behält er sich die Behandlung „problematischer Fälle“ vor, ist die Erbringung der ärztlichen Leistung durch angestellte Ärzte nach dem Bundesfinanzhof regelmäßig als Ausübung leitender eigenverantwortlicher freiberuflicher Tätigkeit im Rahmen des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG anzusehen.

Der Bundesfinanzhof hat damit klarstellend einen steuerlichen Handlungsrahmen festgelegt, in dem ein angestellter Arzt beschäftigt werden kann, ohne die Einstufung der Einkünfte als freiberuflich nach § 18 EStG beim anstellenden Arzt zu gefährden. Dieser Ordnungsrahmen setzt im Ergebnis zwingende arbeitsvertragliche Regelungen voraus, denen z.B. Muster-Anstellungsverträge für Ärzte in der Regel nicht genügen. Das Risiko der Beanstandung der Einkunftsart seitens der Finanzverwaltung steigt hierdurch deutlich. Ein Arbeitsvertrag, der den o.g. Vorgaben des Bundesfinanzhofs in Bezug auf die Tätigkeitsausübung des angestellten Arztes nicht genügt, gefährdet die Qualifizierung der Einkünfte als freiberuflich und führt zum Risiko einer Einstufung der gesamten ärztlichen Einkünfte als gewerblich.

Arztpraxen mit angestellten Ärzten ist daher dringend zu raten, eine Dokumentation der Zusammenarbeit und der Abläufe mit angestellten Ärzten oder Honorarkräften zu erstellen. Es sollte ebenso in jeden Einzelfall geprüft werden, ob der anstellende Arzt überhaupt weiterhin leitend und überwachend tätig sein kann. Problematisch ist daher die Anstellung eines „fachfremden“ Arztes, da der anstellende Arzt bei fehlender eigener Fachkunde nicht in der Lage ist, diesen angestellten Arzt anzuleiten und zu überwachen.

Die steuerlichen Auswirkungen einer Einstufung der Einkünfte als gewerbliche Einkünfte gestalten sich unterschiedlich. Zwar kann die gezahlte Gewerbesteuer dem Grunde nach auf die Einkommensteuerschuld des Arztes angerechnet werden. Aber zum einen erfolgt die Anrechnung nicht vollständig und zum anderen kann auf Grund des individuellen Einkommens des Arztes für das jeweilige Jahr nicht immer die Gewerbesteuer auch tatsächlich angerechnet werden.

Darüber hinaus entfaltet die Gewerbesteuerpflicht auch Folgen in Bezug auf die Gewinnermittlung. Denn für Gewerbetreibende ergibt sich nach § 141 Abs. 1 der Abgabenordnung eine Bilanzierungspflicht, wenn sich ein Gewinn von mehr als EUR 60.000,00 im Wirtschaftsjahr ergibt. Der bisher freiberuflich praktizierende Arzt, der seinen Gewinn im Wege des Überschusses der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ermittelt hatte, muss dann bei Einstufung seiner Tätigkeit als gewerbliche Tätigkeit im Rahmen einer Bilanzierung auch seine Forderungen (für das entsprechende Jahr) dem Gewinn hinzurechnen und somit vorgelagert versteuern.

Es ist Ärzten anzuraten, die Anstellungsverträge ihrer angestellten Ärzte und die Dienstleistungsverträge ihrer Honorarkräfte in Bezug auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs überprüfen zu lassen. Allerdings führt eine rein steuerrechtliche Gestaltung der Arbeits- und Honorarverträge zu einem Spannungsverhältnis zu der im Berufsrecht der Ärzte verankerten Weisungsfreiheit der ärztlichen Berufsausübung. Dieses Spannungsverhältnis bedarf gründlicher Formulierungen im Arbeitsvertrag bzw. Dienstleistungsvertrag zur Vermeidung von Beanstandungen durch die Zulassungsausschüsse der Kassenärztlichen Vereinigungen bzw. natürlich auch der Finanzverwaltung.

Fazit: Eine steuerliche Prüfung und Gestaltung bestehender Anstellungsverträge mit Ärzten genügt daher den Anforderungen nicht. Darüber hinaus bedarf es der Kenntnisse des Berufsrechts, um eine ordnungsgemäße Vertragsgestaltung gewährleisten zu können und Beanstandungen zu vermeiden.

Mit unseren Fachanwälten für Arbeitsrecht, Steuerberatern und Fachanwälten für Steuerrecht sowie medizinrechtlich versierten Rechtsanwälten stehen wir Ihnen bei Fragen zu diesem Thema gerne zur Verfügung.

 

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